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10. Juli 2008 | Bizarre Karriere eines selbsternannten Missionars

Wenn ein Vogel Staatssekretär wird

Konstanz/Tengen (gro) Zum Ende des verflossenen Jahrtausends ist er als Thomas Haering mit einem polierten Aluminiumkreuz durch halb Europa getourt und dabei auch in Konstanz auffällig geworden. „An Christus gemahnen“ wollte er damals, sagt Thomas Vogel, wie er inzwischen heisst. Ende Juni 2008 schaffte er es auf die erste Seite der „Schaffhauser Nachrichten“. Dort wurde er als Matador der Titelgeschichte für die Beilage „express“, das Ausgeh-Kompendium des traditionsreichen Schaffhauser Blattes, angekündigt. In dieser Beilage (unser Bild) präsentiert sich Vogel vom Rücksitz einer Mercedeslimousine heraus Händchen schwenkend als Staatsekretär eines gewissen King Marduk, vor sich, am Steuer des Wagens, der dazu gehörige Bodyguard, der mit Kettchen geschmückte Kraftsportler Manfred Wagner, 68, aus Überlingen am Ried.

Eine vielleicht zu feine Ironie

Der Aufmacher für den „express“ ist mit feiner Ironie geschrieben; fraglos eine ebenso feine Leistung von Redakteur Hermann-Luc Hardmeier. Aber wahrscheinlich ist der Stil der Story ein bisschen zu fein geraten. Etliche Leser der „Schaffhauser Nachrichten“, und das passiert auch erhahrenen Journalisten immer wieder, haben die Geschichte trotzdem ernst genommen. Kein Wunder in einer Zeit der angeblich wirklichen Suche nach dem ultimativen Superstar im Reality-Dschungel der Fernsehlandschaft.

Interesse bei Konstanzer Juristen

Mit lebhaftem Interssse wurde die Schaffhausener Reportage von einigen Juristen des Konstanzer Landgerichts verfolgt, die den überraschend zum angeblichen Staatsekretär eines geheimnisvollen Königs namens King Marduk aufgestiegenen Thomas Vogel im Oktober des vergangenen Jahres wegen Betrugs zu einer Gefängnisstrafe verurteilt hatten, die drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde. Vogel war für schuldig befunden worden, ein minderwertiges Ölgemälde im Konstanzer Inselhotel wider besseres Wissen als originales Bild von Pablo Picasso ausgegeben und zum Verkauf angeboten zu haben.

Nach wie vor von der Echtheit überzeugt

Thomas Vogel, der sich von der Echtheit des angeblichen Picasso-Bildes bis heute „fest überzeugt“ zeigt, beteuert, er sei das Opfer eines Justizirrtums geworden. Er habe dem Urteil auf Anraten seines Anwalts nur deswegen zugestimmt, weil er, Vogel, mit einem „noch ungerechteren Urteil“ habe rechnen müssen. Das Bild hängt mittlerweile in der Sammlung des Landeskriminalamts Stuttgart, wo besonders gut gelungene Fälschungen aufgereiht sind.

Angeblich 35.000 Euro abgeluchst

Besondere Sorgen bereitet Thomas Vogel die Kunde von Gerüchten, wonach er für die Ausbeutung einer bei Singen lebenden, ehemaligen Kosmetikerin verantwortlich sei. Angeblich habe er ihr 35.000 Euro abgeluchst, andere Stimmen wollen von weit höheren Summen gehört haben. Die Frau vegetiere ohne Strom und Gas in ihrer Wohnung dahin. Entsprechende Vorhaltungen weist Vogel entschieden von sich. Ja, die Frau habe ihm seinerzeit geholfen, die Picasso-Präsentation im Konstanzer Inselhotel zu finanzieren. Sie sei auch in finanzielle Vorlage getreten, als es darum gegangen sei, in Singen ein Geschäft zu gründen. Doch man sei sich einig, sich gegenseitig nichts weiter zu schulden. Derzeit sei er dabei, sagte Vogel gestern, der Frau eine „Wohnung zu besorgen und einzurichten“.

30 unterschiedliche Domains und Portale

Auf jeden Fall darf Thomas Vogel alias Thomas Haering zu den besonders kreativen Laien unserer Zeit gerechnet werden. Dass er sich selber als IT-Manager oder als CEO eines solchen Unternehmens ausgibt, dürfte zwar irreführend sein, ist aber für seine Reputation nicht entscheidend. Als Créateur von schätzungsweise 30 unterschiedlichen Domains und Internet-Publikationen gehört er zu den herausragend fleissigen Nutzern und Nutzniessern des world-wide-nets.

Anlässlich einer hübschen Sommerstory…

Abseits aller Ironie bewegt sich dieser Thomas Vogel, neuerdings dank der amüsanten Sommerstory im Schaffhauser „expresss“ wieder beachtet, in Büsingen als “Staatssekretär” eines Königs namens „King Marduk“. Dieser selbsternannte Möchtegern-Imperator erhebt - unter anderem - öffentlich Anspruch auf die Insel Helgoland, auf die Stadt Lindau und eben auch auf die von Liegenschaften des Kantons Schaffhausen umgebene, deutsche Exklave Büsingen.

Als Altenpfleger und Bestatter

Das aber wirkt wie heller Wahnsinn: Vogel, Herkules Manfred Wagner und auch der obskure König King Marduk, Letzterer angeblich wohnhaft in Tübingen, Europaplatz 2, glauben anscheinend fest an ihre Visionen, auf jeden Fall an sich selber und an all die Wunder, die daraus erwachsen sollen. Thomas Vogel, inzwischen 44 Jahre alt, hat noch eins draufgesetzt: Als früherer Altenpfleger und Bestatter eines Konstanzer Beerdigungsunternehmens sei er dem Thema Tod besonders nahe gekommen.

Jetzt Hausverbot im ZPR

Seine jüngere Vergangenheit, sagt Thomas Vogel, habe ihn aufgerüttelt. Er wolle der anhaltenden Welle der Selbsttötungen im Umfeld des Psychiatrischen Zentrums Reichenau (ZPR) etwas entgegensetzen. Deswegen habe er das Gespräch mit psychisch Kranken im öffentlich zugänglichen Café des ZPR gesucht und entlang der dort vorbei führenden Bahnstrecke demonstriert. Ein Mitarbeiter des Magazins „Stern“ habe ihn deswegen bereits interviewt. Es fehle aber neuerdings an der Harmonie mit der Leitung des Psychiatrischen Zentrums, sagt Vogel. In der Tat, seit einigen Tagen hat der gebürtige Konstanzer, der seine Fantasien hauptsächlich in Tengen auslebt, im ZPR Hausverbot.

Kommt das Aluminium-Kreuz wieder?

Die Sache mit dem Aluminium-Kreuz-Zug ist für Thomas Vogel “noch nicht zu Ende”. Das symbolträchtige, auf Hochglanz poliierte Metall kam dem 48-jährigen zwar kurz vor der Jahrtausendwende in der Nähe eines Swinger-Clubs abhanden. Doch Vogel ist bereits auf der Suche nach Sponsoren eines neuerlichen Kreuzzugs. Am Ende solle das Kreuz auf dem Teufelstisch im Ãœberlinger See nahe Bodman errichtet werden - als Mahnmal für die zahlreichen Taucher, die dort im Laufe der Jahre tödlich verunglückt sind.
Foto: ”Schaffhauser Nachrichten”



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2 Kommentare

  1. 1. Bauigel

    Habe von diesem „King Marduk“ einige unerwünschte Spam-Briefe erhalten. Daraus ist der eindeutige Schluss zu ziehen:
    Der Schreiber benötigt m. E. bezüglich der hierbei erkennbaren mentalen Problematik bringend professionelle Hilfe!

  2. 2. in alten zeiten

    R.I.P. Thomas. s

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