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15. Dezember 2009 | Gestrauchelter Anwalt sorgt für anhaltenden Finanzkrimi

Wolfgang Horn und die Royal Bank of Scotland

Konstanz (gro) Eine passendere Bankverbindung hätte sich Wolfgang Horn kaum aussuchen können: Ausgerechnet ein Papier mit dem Briefkopf der Royal Bank of Scotland (RBS) muss herhalten, die Gültigkeit einer Zwangsversteigerung ein paar Tage hinauszuschieben. Die RBS, zweitgrösste Bank Grossbritanniens, ist mindestens so pleite wie der wegen dringenden Betrugsverdachts gestrauchelte Konstanzer Anwalt, der bis vergangenen Februar prominent in der Seestrasse 1 residierte. Horn, gegen den von der Staatsanwaltschaft seit Mitte des vergangenen Jahres ermittelt wird, muss mit einem Verfahren vor der Mannheimer Strafkammer für Wirtschaftsdelikte rechnen. Bei der Zwangsversteigerung ging es um zwei Anwesen Horns, um eines in der Zollernstrasse und um dem Westflügel der Villa Scholz am Hörnle.

Mit dem Briefkopf der königlichen Bank

Am gestrigen Montag wurde bekannt, dass Brüssel nach Monate langem Tauziehen einer staatlichen Übernahme der RBS zugestimmt hat. Rund 100 Milliarden Euro an Steuergeldern werden dafür fällig. Es ist Europas grösste Rettungsaktion für eine Bank. Die RBS hat seit 1827 den Stolz des Vereinigten Königreichs mit getragen. Doch selbst eine noch so glorreiche Vergangenheit kann nicht darüber hinweg helfen, dass eine vergleichsweise winzige Volksbank im deutschen Südwesten, die Volksbank Radolfzell-Konstanz, einem Papier mit dem Briefkopf der königlichen Bank in Edinburgh eine bestenfalls beiläufige Beachtung schenkt.

Geduldiges Papier

Die Geringschätzung des Papiers gilt allerdings weniger der Royal Bank of Scotland als dem Absender Wolfgang Horn. Er hat es versäumt, der mehrfach unterschriebenen Bankgarantie die notwendige Glaubwürdigkeit zu verleihen. Die „Garantie“ ist, so urteilte der Syndikus der Volksbank, nicht mehr als eine Kopie auf geduldigem Papier. Sie war dem Amtsgericht Konstanz übersandt worden und sollte ein Schreiben bekräftigen, in dem Horn eine unmittelbar bevorstehende Zahlung in Millionenhöhe an seine Konstanzer Gläubigerbank ankündigt. Die von der Volksbank und von der Bezirkssparkasse Reichenau durchgesetzte Zwangsversteigerung seiner sicherheitsübereigneten Konstanzer Immobilien sei also nicht notwendig, heisst es sinngemäss in dem Schreiben des fehlbaren Juristen, der diesen Dezember 54 Jahre alt wird.

Lebhafter Andrang im Auktionslokal

Rechtspflegerin Monika Schönbucher schloss sich am Auktionstag der allgemeinen Skepsis an, zog die te Zwangsversteigerung durch und sorgte damit für ein weiteres, spannendes Kapitel im Finanzkrimi um den ehemaligen Staranwalt, dem inzwischen die Zulassung entzogen worden ist. Schon der Andrang im Hoferschen Haus am Kuhgässle war ungewöhnlich. Und es waren nicht nur interessierte Zuschauer, die für einen übervollen Saal sorgten, sondern überraschend viele solvente Bieter mit lebhaftem Interesse an den zur Disposition gestellten Konstanzer Immobilien.

Deutlich über dem Verkehrswert

Im ersten Abschnitt ging es um das Erdgeschoss des Hauses Zollernstrasse 23, wo ein gutgehendes Ladenschäft, das „Dolce Vita“, untergebracht ist. Der Verkehrswert wurde mit 175.000 Euro angegeben, und am Ende sah es so aus, als müssten sich die amtlichen bestellten Schätzer des städtischen Gutachterausschusses demnächst nach oben korrigieren. Die auf 175.000 taxierte Immobilie ging für 231.00 Euro an Frank Albert Walter aus Balingen. Der Zuschlagsbetrag lag damit um satte 32 Prozent über dem Verkehrswert (und sogar 62 Prozent über dem niedrigstmöglichen Zuschlag). Genugtuung bei der Volksbank: Man hatte einen überraschend guten Preis erzielt.

Im Nu standen 800.000 Euro im Raum

Und es kam noch besser, als es um den Westflügel der Villa Scholz ging, Ausgangspunkt auch hier der amtlich ermittelte Verkehrswert, der in diesem Falle bei 960.000 Euro lag. Das bedeutete, wie Monika Schönbucher darlegte, dass mindestens 672.000 Euro (oder 70 Prozent des Verkehrswerts) geboten werden müssten, um das Objekt zugesprochen zu bekommen. Doch auch hier wurde der amtliche Schätzwert schnell übertroffen. Schon der resolute Einstieg von Peter Lang liess aufhorchen: Im Handumdrehen standen runde 800.000 Euro im Raum. Das unmittelbar zuvor abgegebene Statement von Eberhard Teufel hatte seine wohl kalkulierte Wirkung verfehlt.

Bieterschlacht geht bis 1,21 Millionen Euro

Teufel, dem der grösste Teil der Villa Scholz samt dem umfangreichen Grundstück seit über 20 Jahren gehört, trachtete sozusagen naturgemäss danach, seine Eigentumsrechte am traumhaft gelegenen Schloss nach etlichen vergeblichen Bemühungen endlich abzurunden. Er machte die versammelte Bieterschaft freimütig darauf aufmerksam, dass der nun zur Disposition stehende Westflügel, der nicht einmal ein Drittel des Anwesens ausmacht, eine ganze Reihe gemeinsamer Nutzungen mit den übrigen Teilen der Immobilie zu bestreiten habe. Doch die Interessenten schlugen die Warnungen vor allfälligen Einschränkungen in den Wind und trieben den Preis munter nach oben. Eberhard Teufel behielt die Nerven – und hielt durch. Bei 1.210.000 Euro gaben die Konkurrenten auf, nach einer über 40-minütigen Bieterschlacht.

Roberto Villas bietet 1.2 Millionen

Als hartnäckigste Mitbieter hatten sich der sportlich auftretende Michael Stehle aus Überlingen und Uwe Grünwald (Konstanz/Reichenau) entpuppt. Stehle, der im Einvernehmen mit Roberto Villas, dem Sänger, Musikpädagogen und derzeitigen Mieter des Westflügels, mitsteigerte, stieg erst bei 1,2 Millionen Euro aus, Grünwald hatte kurz zuvor mit 1,1 Millionen die Segel gestrichen. Einen Tick früher war das mit Peter Lang geschehen, dem Ulrike Fecker assistierte. Lang hatte sich da bereits mit dem Radolfzeller Hotelier und Grosshändler Winfried Kountz zu einer Bietergemeinschaft zusammengeschlossen. Das spontan entstandene Duo war war immerhin bis 1,09 Millionen Euro gegangen. Ein türkischer Geschäftsmann bot 870.000, und Patrick Margraf versuchte es mit genau 900.000 Euro. Auch zwei Schweizer Interessenten waren unter den Bietern für den Schlossanteil in der Eichhornstrasse.

Freude bei Volksbank und Bezirkssparkasse

Wieder konnte sich die Volksbank freuen, und auch die Vertreter der Bezirkssparkasse Reichenau wirkten zufrieden. Die Verbindlichkeiten Wolfgang Horns bei der Volksbank in einer geschätzten Höhe von 1,2 Millionen Euro dürften durch die Versteigerungserlöse in Höhe von insgesamt 1,44 komplett abgelöst werden. Der Rest in Höhe von gut 240.000 Euro könnte einen Kredit tilgen, den Horn seit Jahren in etwa dieser Höhe der Bezirkssparkasse Reichenau schuldet.

Das Verhängnis namens Rolf Dittus

Aus dem Schneider ist Wolfgang Horn trotzdem nicht. Die Staatsanwalt ermittelt keineswegs deswegen, weil der ehemalige Konstanzer Anwalt Schulden gemacht hat, sondern weil er anscheinend versucht hat, seinen Vermögensverfall durch Betrügereien aufzuhalten oder umzudrehen. Horns Verteidigungsstrategie zielt unter anderem darauf ab, Unterschlagungen im Rahmen dubioser Kreditgeschäfte auf einen polizeilich gesuchten türkischen Geschäftspartner abzuwälzen, gegen den die Staatsanwaltschaft ebenfalls ermittelt. Zum Verhängnis werden dürfte Horn vor allem werden, dass er den ehemaligen Konstanzer Bauunternehmer Rolf Dittus in offenbar betrügerischer Absicht nicht nur um einen sechsstelligen Geldbetrag erleichterte, sondern auch noch versuchte, ihm den gefälschten Scheck einer gar nicht mehr existierenden Londoner Bank unterzujubeln.

Wolfgang Horn im Fernen Osten?

Horn soll in den vergangenen Wochen in China gewesen sein, in Peking, wegen der Anbahnung von Solarenergie-Geschäften. Vielleicht ist er da im Fernen Osten auf die Royal Bank of Scotland gestossen. Als einzige europäische Bank kaufte sie sich 2005 bei der Bank of China (BOC) ein. Ist Horn da wegen einer Garantieerklärung ins Geschäft gekommen? Es könnte schwer werden, wenn man versuchte, die Unterschriften auf der fotokopierten Bankgarantie zu verifizieren. Allein seit Anfang Dezember haben über 1000 Manager die Royal Bank of Scotland verlassen, nachdem das Geldinstitut angesichts des immensen Sanierungsbedarfs erklärt hatte, keine Boni mehr zu zahlen.

Sind die Manager auf und davon?

Es kann gut sein, dass auch die, die da auf jener schottischen Bankgarantie unterschrieben haben sollen, gar nicht mehr zur RBS gehören. Nächste Woche, zwei Tage vor Heiligabend, werden wir alle mehr wissen: Bis kommenden Dienstag, noch genau eine Woche, hat Wolfgang Horn Zeit, Geld (oder eine entsprechende Finanzierung) aufzutreiben, um Schulden in Höhe von mindestens 1,4 Millionen Euro zu begleichen. Dann, und nur dann wäre die Zwangsversteigerung nachträglich doch noch hinfällig.

Bei erneuter Fälschung droht Verhaftung

Rolf Dittus und und andere Zeitgenossen, die sich betrogen sehen, bleiben Horn jedoch auf jeden Fall erhalten. Im Übrigen dürfte das königlich-schottische Papier auch ein Fall für die Ermittler sein. Sollte sich die „Bankgarantie“ als Fälschung entpuppen, müsste sich die Staatsanwaltschaft, so sehen es juristische Beobachter, erneut mit der Frage befassen, ob Horn bis zum Beginn seines Gerichtsverfahrens nicht doch hinter Schloss und Riegel gehört. Um ihn vor sich selber und die Gesellschaft vor ihm zu beschützen.

Stadt versilbert Vorkaufsrecht für 28.000 Euro

Nebenher wurde bei der Zwangsversteigerung deutlich, dass sich die Banken, wenn irgend möglich, auch die aufgelaufenen Zinsen hereinholen, bevor daran zu denken ist, nachrangige Schuldner am Erlös teilhaben zu lassen. Etliche Teilnehmer der Zwangsversteigerung waren überrascht, wie die Stadt mit ihrem stets geltenden Vorkaufsrecht umzugehen versteht. Im Falle der Villa Scholz liess sie es sich versilbern: 28.000 Euro kassiert die Stadt Konstanz, wie Rechtspflegern Monika Schönbucher erklärte, „für die Kapitalisierung des Vorkaufsrechts“. Das hübsche Sümmchen ist von Eberhard Teufel zusätzlich zum Zuschlagbetrag zu berappen.



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