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4. Mai 2011 | „Wir verstehen unter Vertrauen etwas anderes“

Personalrat des Klinikums geschlossen zurückgetreten

Konstanz (gro) Der Personalrat des Klinikums ist am Dienstagabend geschlossen zurückgetreten. Die Vertretung der Belegschaft bringt damit ihren entschiedenen Protest „gegen Krankenhausleitung und Rathausspitze“ zum Ausdruck. Man sei sich bewusst, dass der Rücktritt „ein absolut letztes Mittel in einer ausweglosen Situation“ ist. Anlass für den Rücktritt des gesamten, elfköpfigen Personalrats ist die am vergangenen Donnerstag vom Gemeinderat ausgesprochene, fristlose Kündigung von Gert Müller-Esch, dem Chefarzt des Zentrums für Innere Medizin (ZIM). Diese Kündigung, so geht es aus einer Erklärung des Personalrats hervor, habe das Fass zum Überlaufen gebracht; die Kündigung sei zwar der Auslöser für den Rücktritt, letztlich aber „nur das bisher drastischste“ Zeichen, wie die derzeitige Krankenhausleitung und die Rathausspitze inhaltlichen Hilferufen und von Sorge getragener Kritik begegne. Der Personalrat: „Wir verstehen unter Vertrauen etwas anderes“

Als hätten sie es geahnt…

Vera Hemm und Holger Reile, die zwei parlamentarischen Vertreter der Linken Liste im Gemeinderat, hatten am Dienstag bereits zuvor eine Pressemitteilung verschickt, in der die Befürchtung geäussert wurde, Rainer Ott, der neue Verwaltungsleiter des Klinikums, fahre das ihm anvertraute Haus im Einvernehmen mit Sozialbürgermeister Claus Boldt „an die Wand“. Als hätten sie geahnt, dass sich die Situation bis zum Abend durch den geschlossenen Rücktritt des Personalrats dramatisch zuspitzen würde. Auch Jürgen Wiedemann (Neue Linie) hat sich wiederholt gegen den „idiotischen Versuch“ ausgesprochen , Kritikern mit „Strafmassnahmen zu begegnen“.

Scharfe Kritik an der Leitung des Klinikums

Anlass für die „ausserordentliche und sofortige Kündigung“ von Müller-Esch war ein offener, offensichtlich von Sorge getragener Brief seiner Abteilung, in dem Mitte April unter anderem mangelnde Transparenz und unzureichende Dialogbereitsschaft der Leitungsorgane des Klinikums beanstandet wurden. Und dies angesichts „gefährlicher Versuche“, bewährte Strukturen des Klinikums umzukrempeln. Hinzu kam unter anderem der bisher unerklärte Versuch, dem ZIM enorm erhöhte Kosten zuzurechnen. Der Brief, der krankenhausintern verbreitet wurde, war nicht nur von Müller-Esch unterschrieben worden, sondern auch von sämtlichen 25 Ärztinnen und Ärzten des Zentrums für Innere Medizin. In einer Antwort auf den Brief wurde von der Krankenhausleitung noch am 18. April „eine Stellungnahme in adäquater Form“ versprochen. Die versprochene Stellungnahme habe jedoch, so heisst es aus den Reihen des Personalrats, „16 Tage nach dem Erscheinen des Briefes, nur in Form einer fristlosen Kündigung stattgefunden“.

Müller-Esch als personifiziertes Bollwerk gegen Privatisierung

Im bürgerlichen Lager , so heisst es heute im heimatlichen „Südkurier“, habe sich derweil die Tendenz verstärkt, das Klinikum, trotz zahlreicher gegenteiliger Behauptungen, an einen privaten Betreiber zu verkaufen, um damit einen auf knapp 2 Millionen geschätzten, jährlichen Zuschussbedarf zu vermeiden. Dazu passen Gerüchte, wonach der Pillenhersteller Nycomed, immer noch der grösste Gewerbesteuerzahler von Konstanz, vor einem nachhaltigen Ertrageinbruch stehe. Denn mit dem bereits viel gepriesenen, neuen Blockbuster, einem Atemwegsmedikament namens Daxas klappt es wohl nicht so recht. Andererseits gilt Müller-Esch im Klinikum immer noch als das personifizierte Bollwerk gegenüber allen Privatisierungsversuchen im Krankenhauswesen.

„Boldts Rücktritt wäre logisch und konsequent“

Vera Hemm und Holger Reile fordern den Rücktritt von Bürgermeister Claus Boldt. Die Fraktion der Freien Wähler denkt ähnlich. Ihr Vorsitzender Ewald Weisschedel, selber Internist, sagte diese Woche, Boldt und Ott seien offensichtlich nicht in der Lage, einen nachvollziehbaren Konflikt zu lösen. Mit Müller-Esch, so sagte Weisschedel weiter, sei „wahrscheinlich die falsche Person“ zum Rücktritt gezwungen worden. Jetzt gehe es darum, „die richtige Person zu entfernen“. Oberbürgermeister Horst Frank hatte am Donnerstag mit der Mehrheit des Gemeinderats für die umgehende Entfernung von Müller-Esch gestimmt. Doch ganz wohl ist es ihm dabei vermutlich nicht gewesen. Wie man hört, wollte er mit dem umstrittenen Chefarzt „noch ein persönliches Gespräch führen“. Vorgesehen war dafür der vergangene Freitag. Ob es stattgefunden hat und was dabei eventuell herausgekommen ist, wurde vom Rathaus bisher nicht bekannt gegeben.




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Ein Kommentar

  1. 1. ErloeserPrinz

    Wenn man den ganzen Brief des Anstoßes liest, kann man Müller-Esch und seine Kollegen um vieles besser verstehen. Dieser Brief wurde und bisher vorenthalten - warum?

    http://www.seemoz.de/lokal_regional/der-brief-uber-den-konstanz-spricht/comment-page-1/#comment-537

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