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26. Mai 2011 | Das Klinikum als Kindergarten – Ein Kommentar

Der geschasste Chefarzt zürnt – die hohen Chefs petzen

Konstanz (gro) Was für ein Theater! Weil der davon gejagte Chefarzt beim Ausräumen seines Büros seine dazu angetretenen Beobachter mit süffisanten und teilweise echt verächtlichen Äusserungen malträtierte, soll ihm heute nun ein zweites Mal „vorsorglich, erneut, ausserordentlich, fristlos und hilfsweise ordentlich“ gekündigt werden. Die hohen Chefs, Oberbürgermeister Horst Frank, sein Erster Bürgermeister Claus Boldt und der neue Klinikchef Rainer Ott, sie hoffen, dass es lohnt, zu petzen: Sollte sich je herausstellen, dass die erste fristlose, ausserordentliche und hilfsweise ordentliche Kündigung nicht so ganz rechtens war, sollte die neuerliche, ebenso ausserordentliche, fristlose und hilfsweise ordentliche Kündigung weiter helfen bei der nachhaltigen Entfernung von Professor Gerd Müller-Esch, dem ehemaligen Chefarzt des Zentrums für Innere Medizin (ZIM) am Klinikum Konstanz.

Wieder nur die kommunal-administrative Seite

Immerhin, das Rätsel des zweiten Kündigungsbegehrens (siehe den dornroeschen-Artikel vom 23.Mai) ist gelöst. Auf der anderen Seite übersehen die kommunalen Jägersleut‘ offensichtlich, dass der zweite Versuch, der heute im Gemeinderat nicht öffentlich gestartet werden soll, exakt die gleiche Schwäche hat wie das Verfahren, das zur ersten Kündigung am 28. April führte: Es ist einseitig. Denn wieder kommt nur die beleidigte kommunal-administrative Seite zu Wort, nicht aber der Mann, den man so unbedingt los haben will, obwohl er seine grosse Abteilung über 14 Jahre lang tadellos geleitet hat. Seine 24 Ärztinnen und Ärzte der Inneren haben das in einem halboffenen Brief betont und sie dürften auch heute noch geschlossen hinter ihm stehen.

Logischerweise gibt es auch aus Gemeinderatskreisen den alten Widerstand. Eberhard Roth (CDU) hat sich per E-Mail bereits an seine Ratskollegen gewandt und die Vertagung des fraglichen Tagesordnungspunkts ebenso angeregt wie die Anhörung Gerd Müller-Eschs vor einer neuerlichen Kündigungsentscheidung des Gemeinderats. Jürgen Wiedemann (Neue Linie), der wegen des umstrittenen Kündigungsverfahrens inzwischen die Kommunalaufsicht des Regierunsgpräsidiums eingeschaltet hat, empfindet das neuerliche Vorgehen der Verwaltung, wie man hört, als „eine Art Kasperletheater im Kindergarten“ und Werner Allweiss (Freie Grüne Liste) beharrt, wie es heisst, nach wie vor auf dem Grundsatz, vor einem Urteil auf jeden Fall auch „die andere Seite zu hören“.

Beanstandete Bemerkungen sorgsam aufgelistet

Dass immer wieder das Wort vom Kindergarten fällt, dürfte nicht zuletzt an der umfangreichen Vorlage zum fraglichen Tagesordnungspunkt liegen. Herzstück ist ein 10-seitiges, gutachterlich wirkendes Dokument einer renommierten Münchener Anwaltskanzlei, in dem die beanstandeten Bemerkungen des gekündigten Chefarztes sorgsam aufgelistet sind. Es fällt zwar schwer, beim Lesen dieser Liste ernst zu bleiben. Trotzdem sei an dieser Stelle, aus Rücksicht auf sämtliche beleidigten Leberwürste, nur eine einzige der angeblich so kündigungswürdigen Äusserungen, wenigstens teilweise, wiedergegeben: „Dass ein Mann wie Herr …. so nette Eltern haben kann!“


Teurer Papierkram mit Mängeln

Der Papierkram kommt mit Sicherheit teuer. Trotzdem wird er wohl nicht allzu viel wert sein. Das Schreiben enthält zwar eine Schilderung des Ablaufs, als Müller-Esch zusammen mit Verwandten am Nachmittag des 6. Mai sein Büro ausräumte. Doch das Papier ist kein Protokoll, das objektiv den Geschehenslauf wiedergibt; es ist, wie gesagt, einseitig. Insofern dürfte es diesem teuren Papier an Beweiskraft mangeln. Aber dies wird, wenn die Parteien vors Arbeitsgericht ziehen, nicht so wichtig sein. Was Gerd Müller-Esch den umstehenden, ihn beobachtenden Verwaltungleuten und Kollegen an die Köpfe warf, waren nicht die abfälligen Bemerkungen eines bösartigen Mannes. Es waren die aus Verzweiflung und Bitterkeit hervorgebrochenen Worte eines gedemütigten Arztes.

Im Kindergarten heisst’s: „Selber schuld!“

Ausserdem ist es unlogisch, die neuerliche Kündigung, frei nach dem Motto „Doppelt genäht hält besser“, so hoch einzuschätzen. Aus einem einfachen Grund: Die erste fristlose Kündigung hat dazu geführt, dass Müller-Esch sein Büro unter unwürdigen Umständen räumen musste. War die Kündigung nicht rechtens, war die Räumung des Büros überflüssig. Und hätte Müller-Esch sein Büro nicht räumen müssen, wäre es auch nicht zu den verbalen Entgleisungen gekommen. Mit anderen Worten: Falls die erste Kündigung zu unrecht erging, haben sich Verwaltungsspitze und Gemeinderat die Beleidigungen zuzuschreiben. Oder, wie im Kindergarten: „Selber schuld!“




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Ein Kommentar

  1. 1. DetlevKuentzel

    … Es waren die aus Verzweiflung und Bitterkeit hervorgebrochenen Worte eines gedemütigten Arztes. …

    Das folgende SK-Interview dürfte als “Wundheilmittel” geeignet sein: in diesem Fall wollte eine Führungsmannschaft von sich aus kündigen, was dann aber ein “Happy End” genommen hat: ein älterer Schweizer Manager hat einen allgemeinen Sinneswandel verursacht, der aus Angst um seine Finanz-Beteiligung das Unternehmen retten möchte.
    Man wünscht sich, dass es noch viel mehr schlechte Beteiligungen von einsatzfreudigen CH-Managern in Dt. geben sollte.

    http://www.suedkurier.de/region/linzgau-zollern-alb/pfullendorf/Neuer-Alno-Chef-rechnet-mit-altem-Management-ab;art372570,4894675

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