Dornröschen » Blog Archive » Dokument des Scheiterns - oder der Befreiungsschlag?
Leserkommentare
 
Sponsoren
16. September 2014 | Kapituliert oder inspiriert das Baudezernat?

Dokument des Scheiterns - oder der Befreiungsschlag?

Konstanz (gro) Das Verwaltungspapier für die die nächste Sitzung des Technischen Ausschusses strotzt nur so von Hinweisen auf frühere Konferenztermine und Besprechungsergebnisse, und doch ist es vor allem ein Dokument anhaltender Unzulänglichkeit und eines fahrlässig anmutenden Scheiterns: Seit Jahrzehnten und wohl auch in den kommenden Jahren, so lässt sich das Fazit nach Lektüre der Vorlage zusammenfassen, wird an der Sanierung des Konstanzer Bahnhofs erfolglos herumgedoktert, und ein Ende des katastrophal kundenunfreundlichen Zustands im Konstanzer Bahnhof ist nicht in Sicht. Es sei denn, die neuste Sanierungsvision, die einen grossmächtigen Überstiegs über die Geleise hinüber zum Hafenareal vorsieht, ist mehr als ein schöner Traum.

Bemühungen seit über 30 Jahren

Seit über 30 Jahren bemühen sich alle möglichen Konstanzer Kräfte um eine Sanierung des Bahnhofs. Glücklicherweise stand und steht das im so genannten Venezianischen Stil vor 150 Jahren erbaute Bahnhofsgebäude unter Denkmalschutz. So kam die öffentliche Hand nach jahrelangem Zögern nicht umhin, eine Gebäudesanierung zu veranlassen. Allerdings erst 12 Jahre nach der ersten Beanstandung, als Gebäudeschäden Gesundheit und Leben von Passanten gefährdet hatten. Die eigentlich genau so notwendige, funktionale Entwicklung des Bahnhofs wurde unverständlicherweise bis heute nicht angepackt. Leistungsfähige Unterführungen wurden von der Bundesbahn mehrfach ebenso erfolgreich verhindert wie anschliessend von der Bahn AG.

Blockade der Stadtentwicklung

Regelmässig blockiert hat damals das von halbwegs aufmerksamen Kommunalpolitikern als geradezu arrogant empfundene Verhalten der Bahngewaltigen jede Korrektur altbekannter, seit Jahrzehnten (!) kritisierter Mängel im Bahnhof. Zuletzt führten die von der Bahn AG inszenierten Obstipationen die provisorisch eingerichtete “Begegnungszone” in eine Sackgasse. Der neue Bahnhofplatz sollte zum Beginn des Konzilsjubiläum, das demnächst ins zweite Jahr geht, vollendet sein. Da den Ideen für diesen neuen Bahnhofplatz eine grosszügige Untertunnelung zum Hafen hinüber zu Grunde lag, kam es zu einem Stillstand. Denn die Bahn will dafür kein Geld lockermachen. Die Untertunnelung würde etwa 20 Millionen Euro kosten.

Beispiel für den bürokratischen Aufwand

Als Beispiel für den grossen, teilweise rein bürokratischen Aufwand, mit dessen (Un-)Ergebnissen sich die Gemeinderätinnen und Ratsherren seit mindestens 1980 abzugeben haben, sei aus einer Passage auf einer der hinteren Seiten der Vorlage für die Sitzung am kommenden Donnerstag, den 18. September, zitiert.

Dort heisst es nach knapp 40 Jahren Verhandlungen:

„Die Rampenanlage des Mittelbahnsteigs im Anschluss an die Unterführung Markstätte ist nicht umsetzbar, da die verbleibende Bahnsteigbreite im Rampenbereich die gem. DS 813 minimal erforderliche Breite unterschreitet (siehe Darstellung Variante 4 Backup). Eine Rampe wäre nur realisierbar, wenn der Mittelbahnsteig in diesem Bereich zurückgebaut wird. Der Mittelbahnsteig muss aber auf Grund des Betriebskonzepts über die gesamte Bestandslänge von ca. 375 m für Zughalte zur Verfügung stehen. Eine Grobkostenschätzung für diese Variante ist somit nicht möglich, da aus o. g. Gründen keine realisierbaren Anlagen darstellbar sind.“

Mittelbahnsteig sollte längst verbreitert sein

Woanders wäre in einer solchen Situation selbstverständlich der Mittelbahnsteig verbreitert worden. Ausreichend Platz ist schliesslich vorhanden. Es müsste eben, was längst hätte geschehen sollen, das Gleis 3 ein paar Meter nach Osten verschoben werden. Aber eine solche Massnahme ginge voll und ganz zu Lasten der Bahn AG. Schon jetzt ist an den Stellen, wo die Treppenunterführung auf den Mittelbahnsteig hochkommt, sträflich wenig Platz auf dem Bahnsteig, vermutlich zu wenig, um den gesetzlichen Erfordernissen zu genügen. Eine Nachfrage beim Eisenbahnbundesamt (EBA) in Braunschweig könnte sich für die Stadt lohnen. Der neueste Vorschlag aus dem Baudezernat, die Geleise mit einer grosszügigen Brücke zu überspannen, wird jedenfalls von etlichen Kommunalpolitikern lebhaft begrüsst. Denn der Vorschlag wirkt wie ein Befreiungsschlag, auch wenn unter Umständen Hunderttausende Euro an bisherigen Planungskosten in den Wind geschrieben werden müssen.

Bild: Frieder Schindele




 Kommentieren    Trackback    Drucken

Noch keine Kommentare

Neuen Kommentar schreiben ...