07.06.2005 | Jeckel kommt mit Blauem Auge davon

Schlussstrich und Neubeginn am Seerhein

Konstanz (gro) Für die Gastronomie am Seerhein ist gestern ein doppelter Schlusstrich gezogen worden: Das "Havana" hat ausgedient und ersteht nun neu als - "Seerhein". Endgültig abgerechnet wurde auch mit Michael Jeckel, der das ehemalige Offizierscasino vor fünf Jahren zwar sanieren ließ und in eine Gaststätte verwandelte, es dann aber gleich wieder herunterwirtschaftete, in den Konkurs führte und Mitte 2002 mit rund 1 Millionen Euro Schulden zurück ließ. Die neuen Wirtsleute am Seerhein sind seit gestern Joachim Schulz und seine Frau Uli Maute-Schulz (früher "Bleiche"). Neueröffnung in der Spanierstraße ist in spätestens zehn Tagen.

Jeckel hatte sich vor dem Amtsgericht wegen Unregelmäßigkeiten bei der Geldbeschaffung für die Ausstattung des Gastronomiebetriebs zu verantworten. Die Angelegenheit liegt über vier Jahre zurück, und im Wesentlichen ging es um den Vorwurf, Jeckel habe Inventar im Wert von 170.000 Mark des damals "Rheingold" genannten Betriebs zweimal als Sicherheit an Kreditgeber übereignet. Um es vorweg zu nehmen: Jeckel kam mit einem Blauen Auge davon.

Zupackende Wirtsleute

Doch nun zunächst zur Neuentwicklung im ehemaligen Offizierscasino, wo die Schulzes seit gestern kraftvoll wirken. Mit gut durchtrainieren Mitarbeitern und schweren Vorschlaghämmern wurden gleich die vielfach unmotivierten Mäuerchen, Simsen und Säulen zertrümmert und als Schutt weggeschafft. Es soll wieder heller, klarer und geräumiger werden im Prachtbau am Seerhein.

Die Räume im historischen Gebäude dürften im Laufe der kommenden Tage so weit erneuert sein, dass die gastliche Stätte anfangs kommender Woche dem Publikum wieder zur Verfügung steht. Dann wird man sich den Glaspavillon vornehmen. Der neue Stil im alten Gemäuer ist schon erkennbar: Die Wirtsleute stehen im Zentrum des Geschehens und packen selber mit an.

Zurück zum ersten Wirt im ehemaligen Offizierscasino, zu Michael Jeckel: Zwar konnte der Verdacht nicht ausgeräumt werden, dass er das fragliche Inventar in betrügerischer Absicht zweimal als Sicherheit abgetreten hatte.. Doch das Verfahren wurde gegen eine Zahlung von 5000 Euro "wegen geringer Schuld" (Paragraf 153a) eingestellt. Ein mitangeklagter Kaufmann, der das "Rheingold" seinerzeit zusammen mit Jeckel gepachtet hatte, wurde freigesprochen, da er nachweislich nichts mit der fehlerhaften Sicherheitsübereignung zu tun hatte.

Der Fall war bereits im Herbst des vergangenen Jahres verhandelt worden. Das Amtsgericht entschloss sich damals, die Verhandlung zu unterbrechen. Angesichts einer unklaren Aktenlage und schwer durchschaubarer Geschäftspraktiken sollte zusätzlich ermittelt und vor allem die beiden Brauereien, die Jeckel Kredite in Höhe von insgesamt 750.000 Mark gegeben hatten, zu einer engagierteren Mitarbeit bei der Aufklärung der Angelegenheit veranlasst werden.

Zusätzliche Verwirrung

Wie sich gestern zeigte, haben die vergangenen acht Monate dafür nicht ausgereicht. Im Gegenteil, ein ehemaliger Mitarbeiter der Brauerei Diebels, der als Zeuge geladen war, sorgte sowohl mit der Nachricht, er seit 1. Dezember 2000 in Pension, als auch mit unklar datierten Rechnungskopien für zusätzliche Verwirrung. Nebenher wurde daran erinnert, dass Diebels inzwischen an "Becks Bier" verkauft und diese Firma wiederum von Interbrow übernommen worden ist

Auch bei der zweiten Kredit gebenden Brauerei, der Brauerei Krombacher, gab es Veränderungen, die dem Gericht den Fall wohl noch weniger durchschaubar erscheinen ließen. Denn die "Havana"-Kette, die das ehemalige "Rheingold" übernahm, gehörte zunächst zu 49 Prozent dem Hause Krombacher, das die Kette später zu 100 Prozent übernahm. Somit sei das komplette Inventar, wie Jeckel anmerkte, an die örtliche "Havana"-GmbH übereignet worden, die mittlerweile ebenso insolvent sei wie die "Havana"-Holding.

Kostspielige Rettungsversuche

Aufklärende Ansätze steuerte dagegen der Radolfzeller Kaufmann Winfried Kountz bei, der auf nachprüfbare Bilanzen verwies, die andere Angaben Jeckels korrigierten. Kountz machte ferner auf etliche kostenträchtige Rettungsversuche aufmerksam, die Jeckel von seinen Geschäftspartnern zu Teil wurden. Doch das Gericht verzichtete darauf nachzuhaken. Vermutlich nicht zuletzt in der Sorge, an Sichtschärfe einzubüssen und den einigermaßen konkreten Fall der verbotenen Doppelübereignung noch relativer sehen zu müssen. So blieb auch die Frage einer potentiellen Konkursverschleppung unerörtert.

Die Insolvenz war Mitte 2002 erklärt worden, offensichtlich gegen den Willen Jeckels und erst nach anhaltendem Druck der Verpächter, der Investorengruppe, die den Hauptteil der Sanierungskosten aufgebracht hatte. Eröffnet wurde der Konkurs nicht. Forderungen in Höhe von r und 2 Millionen Mark standen ein paar tausend Mark gegenüber. Es war der Konkursverwalter, der die Unregelmäßigkeit mit der doppelten Sicherungsübereignung entdeckte und das Gericht einschaltete.

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