09.06.2005 | Die Post will Personal einsparen

Fauler Trick in der Schalterhalle

Konstanz (gro) Bei der Post in Konstanz will man neuerdings besonders schlau sein: Um weitere Personaleinsparungen im Schalterbereich zu kaschieren, werden aus einer Warteschlange zwei Schlangen gemacht.. Doch die Kunden durchschauen den faulen Trick, und die "Anordnung von oben" hat bereits zu ersten ärgerlichen Reaktionen geführt. Wer sich über das Kundentelefon beschwert, wird allerdings nicht weiter aufgeklärt. Man werde die Kritik weitergeben, erfährt man nur.

Bei der Post, die sich in den vergangenen zehn Jahren von einer Behörde in eine Aktiengesellschaft verwandelte, hat sich viel geändert: Eine nationale, hoheitliche Einrichtung, wandelte sich zum "Global Player" mit 380.000 Mitarbeitern in 220 Ländern. Der Konzern erwirtschaftete vergangenes Jahr nach eigenen Angaben 43 Milliarden Euro. Zu den angenehmsten Errungenschaften gehören freundliche und offen gestaltete Dienstleitungszentren mit ebenso freundlichen Mitarbeitern. Fast schon vergessen sind die Zeiten, da man in meist düsteren Hallen erst einmal den "richtigen" Schalter finden musste und nach längerem Anstehen womöglich doch beim "falschen" Beamten landete, dann noch einmal in die Schlange musste und am Ende nicht mehr zum Zuge kam, weil der Schalter ("Feierabend!") pünktlich geschlossen wurde.

Diese Zeiten sind, wie gesagt, längst vorbei. Heute läuft an jedem Schalter (fast) jedes Geschäft, und jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter kann alle diese Postgeschäfte erledigen. Eine Schlange bildete sich trotzdem jeden Tag, aber eben nur eine einzige, und es ging eigentlich immer recht flott voran, nach dem Motto, "der Nächste bitte an den nächsten freien Schalter".

Das änderte sich vor einigen Tagen.. Plötzlich wurden zwei Warteschlangen eingerichtet. Stehen fünf Schalter zur Verfügung, kommt es schnell zu Ungleichheiten: Die eine Schlange wird von drei, die andere von zwei Mitarbeitern abgearbeitet. Die Schlangen werden immer ungleicher, Kunden ärgern sich, fragen nach dem Sinn der Doppelschlange, erhalten aber keine befriedigenden Antworten.

Mittlerweile sickerte durch, dass das Personal in den Schalterhallen reduziert werden soll. Um eine Verlängerung der Warteschlangen zu vermeiden, sei angeordnet worden, die Schlange zu teilen. Das Personal sei "alles andere als glücklich" über diese "Anordnung von oben", müsse sich aber fügen.

Irritiert sind viele Kunden zunächst vor allem deswegen, weil die neue Regelung eindeutig schlechter funktioniert als die bisherige. Und gerade die Konstanzer Postgänger, die immer wieder auch mal im benachbarten Kreuzlingen Briefe und Päckchen aufgeben, wissen ja, wie sich das viel besser lösen lässt: mit einer Nummernausgabe und Signalen über den Schaltern. Eine ähnliche, vereinfachte Anlage dieser Art hat auch das Bürgerbüro an der Laube.

Aber für eine wirklich moderne Lösung will der "hochprofitable Global Player" (Eigenwerbung der Post) anscheinend kein Geld ausgeben. Die Anordnung, bei langsamerer Abfertigung eben zwei Schlangen zu bilden, ist tatsächlich billiger zu haben. Sie passt bloß überhaupt nicht zu den Leitlinien, die sich der neue Post-Konzern selber gegeben hat.. "Kundenzufriedenheit", heißt es da unter anderem, "ist der Erfolgsfaktor für unseren Konzern." Und auch an die eigenen Mitarbeiter wird in den hehren Leitlinien gedacht. Zum Beispiel da, wo es heißt: "Durch eine lebendige und offene Konzernkultur werden wir ein attraktiver Arbeitgeber für Top-Talente und stärken unsere Position als Mitglied einer globalen Gesellschaft".

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