|

20.06.2005 | Vom Münsterplatz zum Bubenklo

Pollerblick statt Perspektive
Konstanz (gro) Der Baufortschritt am Münsterplatz eröffnet ganz neue Perspektiven. Erstmals seit Jahrzehnten kann nun wieder die Stille des ehemaligen Kreuzgangs an der Nordostecke des Gotteshauses erlebt werden. Mehr und mehr erschließt sich das "bedeutendste städtebauliche Ensemble" (Gemeinderat) der ehemaligen Bischofstadt. Auch für die Einbindung der sensationellen Funde aus der Römerzeit zeichnet sich eine überzeugende Lösung ab. Kurioserweise konzentriert sich aber die veröffentlichte Meinung auf ganz etwas Anderes: In die Schlagzeilen geraten sind die versenkbaren Poller, die bei Bedarf die Zufahrt auf den sanierten Münsterplatz verhindern sollen.

Zwar soll die Niederburg mit samt dem Münsterplatz und seiner geschichtsträchtigen Sakralbauten nach Möglichkeit zum Weltkulturerbe erhoben werden. Doch 70.000 Euro für jene Poller werden im Lokalteil des Konstanzer "Südkuriers" als eine geradezu skandalöse Geldverschwendung gegeißelt. Vor allem deshalb, weil das Bubenklo der Wallgutschule seit Jahren auf Sanierung warte.
Kunstvoll hingedrechselt
Der Vorwurf trifft zunächst den Baudezernenten und sein Team. Doch kunstvoll wird im "Südkurier" die Frage der Poller so hingedrechselt, dass daraus ein Vorwurf gegenüber Oberbürgermeister Horst Frank wird. Und weil's grad so schön ist, wird gleich auch noch daran erinnert, dass Frank einst einem "gewissen Herrn Vockel "übers Maul" gefahren sei, weil dieser als OB-Kandidat im Wahlkampf vor einer möglichen Finanzkrise der Stadt Konstanz gewarnt hatte.
Aus der Sicht von dornroeschen ist da, ob man dies nun will oder nicht, einiges anzumerken. Erstens: Wenn schon, denn schon. Mit anderen Worten, wenn die Ausgabe für die Poller schon gegeißelt werden soll, dann aber richtig. Mit 70.000 Euro lassen sich schließlich nicht nur Bubenklos sanieren, sondern zum Beispiel auch baufällige Altenasyle in Manila. Dieser Vorschlag macht klar, wie unsinnig es sein kann, Ausgaben für ganz unterschiedliche Zwecke mit einander zu vergleichen. Im Übrigen sollte immer wieder gesagt werden, dass das Land die Hälfte der 70.000 Euro für die Poller zahlt. Fairerweise sollte außerdem dargelegt werden, dass es gar nicht um 70.000 Euro geht (oder 3,5 Prozent der Sanierungskosten), sondern um die Differenz zwischen althergebrachten und modernen Absperrpfosten. Übrigens: Jener "gewisse Herr Vockel" hat einen Vornamen, der Mann heißt Wolfgang.
Angemessene Lösung
Irreführend ist es, die versenkbaren Pfosten als neuesten Schrei und als High-Tech-Geräte hinzustellen, um dann auch noch maliziös anzumerken, dass der "künftige Ex-Bürgermeister Fouquet seinen Pollertraum zum eigenen Nachruhm noch realisieren" dürfe, "finanzschwache Schulen hin oder her". Zum einen sind elektrisch versenkbare Pfosten seit Jahrzehnten in Gebrauch, also Standard, wenn auch nicht in Konstanz.
Zum anderen wäre es eine redaktionelle Überlegung wert, ob die von Fouquet bestellten, versenkbaren Poller nicht tatsächlich die angemessene Lösung sind für das "bedeutendste städtebauliche Ensemble" von Konstanz. (Oder hätte man sich womöglich auch den Wettbewerb für die Platzsanierung sparen sollen?)
Ins Gespräch gebracht wurden absenkbare Pfosten schon vor Jahren. Es war ein gemeinsamer Vorschlag von Jürgen Wiedemann (Barbarossa) und Freddie Spicker (Volapük), die solche Absperrmöglichkeiten aus anderen Städten kannten. Das war damals, als die beiden Konstanzer Unternehmer den (vergeblichen) Versuch machten, ein Altstadtbähnle zu installieren, um damit Touristen durch Konstanz zu kutschieren.
Diese Seite drucken (PC)
|
|