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17./18.07.2005 | Neues Depot fürs Rosgartenmuseum

Alte Konstanzer Kutsche mit Gas behandelt
Konstanz (gro) Der Aufbau einer über 400 Jahre alten Konstanzer Kutsche ist in einer Ulmer Spezialwerkstatt mit giftigem Gas behandelt worden, um der Schädlinge Herr zu werden, die das rare Stück zu zersetzen drohten. Während das historisch höchst bedeutsame Fahrzeugteil, das zu den Schätzen des Rosgartenmuseums gehört, zunächst in trockenen, wohltemperierten Baulichkeiten wohlbehütet Jahrhunderte überdauert hatte, zerfiel es in den jüngsten Jahrzehnten mehr und mehr, weil es in schlecht gesicherten Räumen abgestellt worden war. Mit solchen Fehlleistungen ist nun in absehbarer Zeit Schluss: Die Stadtverwaltung lässt ein Depot bauen, um die übers Stadtgebiet verstreuten Sammlungen des Museums sachgemäß lagern zu können.

Die Geschichte mit der Kutsche steht in einem Schreiben von Elisabeth von Gleichenstein an den Gemeinderat. Die Museumsdirektorin macht mit dem Beispiel deutlich, dass in Konstanz seit Jahrzehnten etwas schief läuft mit den Museumsschätzen. Was historisch interessierte Museumsleute gesammelt und ortsverbundene Bürger gestiftet haben, ist zu einem großen Teil völlig unzureichend aufbewahrt. Die Schätze lagern in Kellern von Schulen und in irgendwelchen Lagerräumen.
Kostet 400.000 Euro
Zum Beispiel im ehemaligen Sägewerk Bauer in Wollmatingen. Dieser Lagerraum im Baugebiet Zergle muss zugunsten der dort geplanten Wohnbebauung aufgegeben werden. Das gab den Anlass für eine grundsätzlicher Neukonzeption im Umgang mit den historischen Sammelstücken. In einem Neubau im Industriegebiet, in der Fritz-Arnold-Straße, wird künftig alles untergebracht, was heute noch verstreut gelagert ist.
Der Bau dieses zentralen Depots kostet zwar 400.000 Euro. Doch die Museumsleitung rechnet vor, dass sich diese Summe innerhalb von 20 Jahren mehr als bezahlt machen wird. Denn es fallen sowohl Mietkosten weg als auch Ausgaben für immer wieder notwendige Transporte aus allen möglichen Ecken und Enden des Stadtgebiets.
Ohne Depot geht es nicht
Jedes halbwegs bedeutende Museum ist immer sehr viel mehr als das, was es ausstellt. Ein Museum lebt gewissermaßen aus dem Depot. Dort sind die exemplarischen Schätze aufbewahrt, die sich im Laufe der Zeit ansammeln und die, aufgearbeitet und thematisch präsentiert, zu immer wieder neuen Sehweisen der einzelnen Epochen einer Stadt oder einer Region verhelfen.
Alleine der Bereich Archäologie, der in Kellerräumen der Grundschule Allmannsdorf eingelagert ist, umfasst etwa 30.000 Objekte, und das sind, laut Museumsverwaltung gerade mal 9 Prozent des Gesamtbestandes. Zu den Schätzen gehören eine bis zu 4000 Jahre alte Pfahlbausammlung und späteiszeitliche Funde aus der Kesslerloch-Höhle bei Thayingen. 40 Prozent der fragwürdig eingelagerten, archäologischen Schätze, gibt die Museumsverwaltung überdies zu bedenken, stünden unter Denkmalschutz, würden die Stadt mithin zu einer sachgemäßen Lagerung verpflichten. Nicht zuletzt deshalb hat der Kultur- und Finanzausschuss hat des Gemeinderats diese Woche Grünes Licht gegeben für den Neubau des Museumsdepots. Es kann davon ausgegangen werden, dass der Gesamtgemeinderat dieser Empfehlung folgt.
Am falschen Fleck gespart
Wohin es führen kann, nicht rechtzeitig zu investieren, erklärt Elisabeth von Gleichenstein am Beispiel des Konstanzer Kutsche aus dem 16. Jahrhundert. Die Kutsche repräsentiere einen "ungewöhnlich frühen Wagentypus", so interessant, dass sich "derzeit Wissenschaftler aus München und aus England damit befassen". Für die Forschungsarbeiten habe man die Kutsche erst einmal aufwändig reinigen und, siehe oben, in Ulm begasen lassen müssen. Wäre die Kutsche sachgemäß untergebracht gewesen, hätte man sich den größten Teil dieser Kosten sparen können.
Neuer Platz für den Napoleonschlitten
Einen sicheren und wohltemperierten Platz erhält in absehbarer Zeit auch ein Schlitten, auf dem sich einst Luis Napoleon, später bekannt geworden als Napoleon III., durch die Winterlandschaft am Bodensee ziehen ließ. Er stand in einer Abstellkammer des Gottlieber Schlosses, als es die adeligen Nachfahren Napoleons im 19. Jahrhundert an einen Privatmann verkauften. Der schenkte den "Napoleonschlitten", wie das Gefährt seither genannt wird, dem Rosgartenmuseum.
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