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30./31.07.2005 | Es war nicht Christo

Mit Gas gegen den Holzwurm in der Kapelle
Konstanz-Oberdorf (gro) Nach der Kutsche nun die Kapelle: Wieder ist man einem Konstanzer Kleinod mit Gas auf die Pelle gerückt, genauer: dem Ungeziefer, das sich innerhalb des kostbaren Stücks breit gemacht hatte. Die Heilig-Kreuz-Kapelle in Oberdorf war deswegen eine knappe Woche lang in straff gezogene, schwarz-rot-goldene Planen gewickelt. Rings um das Bauwerk sicherte ein Zaun vor unzulässiger Annäherung ab. Am 28. August werde die Sanierung mit einem Fest abgeschlossen, sagte Dingelsdorfs Orstvorsteher Heinrich Fuchs.

Die Heiligkreuzkapelle zwischen Litzelstetten und Dingeslsdorf war so schön eingepackt, dass manche vermuteten, Galeristin Heidi Frehland (Bagnatoscheune) habe Christo und Jeanne-Claude eingeladen, das Gotteshaus zu verhüllen. Tatsächlich war es die im bayerischen Lauf ansässige Spezialfirma Binker, die die Kapelle eingepackt hatte, und zwar luftdicht. Dann wurde Gas ins Innere gepumpt, das drei Tage in der Kapelle verblieb und in dieser Zeit auch dem verstecktesten Holzwurm en Garaus machte.
Massiver Holzwurmbefall
Laut Joachim Binkert, dem Chef der bayerischen Spezialfirma, war an der historisch wertvollen Kunstausstattung der Kapelle, an Altären, Kanzel, Bestuhlung und Orgel, vor etwa einem Jahr ein "massiver Holzwurmbefall festgestellt" worden. Für eine ebenso gründliche wie nachhaltige Bekämpfung der Schädlinge habe sich die Begasung des Gebäudes angeboten.
Dass die gasdichten Planen gestreift sind, kommt nicht von ungefähr. So lasse sich der korrekte Verlauf besser kontrollieren, sagt Joachim Binkert. Bei dem Gas handelt es sich um Sulfuryldifuorid. Es vernichtet Eier, Puppen, Larven und Käfer, indem es den Stoffwechsel des Ungeziefers unterbricht. Nach der Beendigung der Aktion, die während der dreitägigen Begasungsaktion rund um die Uhr überwacht wurde, wurde das Gas nicht einfach in die Atmosphäre entlassen, sondern kontrolliert abgepumpt.
Aktion kostet 15.000 Euro
Auftraggeber war die Dingelsdorfer Kirchengemeinde St. Nikolaus mit Pfarrer Bernd Zimmermann. Die Sanierungsaktion kostet rund 15.000 Euro. Um die Begasung möglichst preiswert zu gestalten, habe man die Gelegenheit genutzt und die Wallfahrtskapelle mit Mobiliar vollgestellt, das ebenfalls vom Holzwurm befallen war, sagte Heinrich Fuchs.
Auch der Aufbau einer über 400 Jahre Konstanzer Kutsche ist unlängst mit Hilfe von Gas vom Ungeziefer befreit worden, allerdings nicht in Konstanz, sondern in einer Spezialwerkstatt in Ulm, wo das gute Stück allerdings nicht nur vom Ungeziefer befreit, sondern auch einer umfangreiche Tiefenreinigung unterzogen wurde.
Nach der Begasungsaktion werde die Wallfahrtskapelle nun gründlich gereinigt. Hinzu komme die Ausbesserung kleinerer Schäden, sagt Heinrich Fuchs, der von seinem Fuchshof auf das kleine Gotteshaus schaut. Die Sanierung werde am 28. August mit einem Fest abgeschlossen.
Wo ein Stier ein kostbares Kreuz fand
Die von Johann Caspar Bagnato, dem Baumeister des Deutschordens, errichtete Kapelle wurde 1746 eingeweiht. Der Sage nach steht sie auf einem Hügel an der Stelle, wo einst ein Stier mit seinen Hörnern ein kostbares, mit Edelsteinen besetztes Kreuz aus dem Boden gewühlt hat.
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