11.08.2005 | Fusion mit Schweizer Obersee-Flotte in Sicht

Maschinist hat kein Konzept

Konstanz/Bern/Romanshorn (gro) Die Stadtwerke Konstanz, seit Mai 2003 Eigentümer der deutschen Bodenseeflotte, haben gute Chancen, den Erwerb der Schweizerischen Bodensee-Schiffsbetriebe (SBS) noch dieses Jahr unter Dach und Fach zu bringen. Eine Oppositionsgruppe um einen Minderheitsaktionär verhindert bislang die Übernahme. Der Einzelaktionär, ein Maschinist der in Romanshorn stationierten Schweizer Oberseeflotte, der eine Oppositionsgruppe mit Schweizer Investoren formieren wollte, möchte von seinem Vorkaufsrecht Gebrauch machen, das in den Statuten der Schiffsbetriebe verankert ist. Er ist aber bislang nicht in der Lage, ein Betriebskonzept vorzulegen.

Die Satzung soll nun auf Betreiben der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) im Herbst bei einer Generalversammlung der Aktionäre so geändert werden, dass das Vorkaufsrecht für Aktionäre daraus verschwindet. Die SBB besitzen 97,4 Prozent der Aktien. 2,6 Prozent sind Mitarbeiteraktien, mindestens eine davon gehört dem Maschinisten.

Seit Monaten einig

Konstanzer Stadtwerke und SBB waren sich bereits vor Monaten einig, den Deal abzuwickeln. Nicht zuletzt auch deswegen, weil die Stadtwerke zugesichert hatten, dass die Schweizer Flotte auch künftig unter Schweizer Führung verkehren werde. Der Übernahmeplan sah (und sieht) ferner vor, Schweizer Bodenseegemeinden an der neuen Gesellschaft zu beteiligen. Die Übernahme wurde in Monate langen, diskreten Verhandlungen vorbereitet, und die SBB sowie der Aufsichtsrat der Stadtwerke Konstanz gaben schließlich im März dieses Jahres ihre Zustimmung, auch der Konstanzer Gemeinderat signalisierte sein Einverständnis.

Dann kam die Stunde des Maschinisten, der eine Oppositionsgruppe um sich scharte. Sein Ziel: das Vorverkaufsrecht auszuüben und so einen Eigentümerwechsel in deutsche Hände zu verhindern. Zu diesem Zwecke wollte er finanzkräftige, schweizerische Investoren auftreiben. Die SBB entschloss sich stillzuhalten, forderte aber ein Betriebskonzept, das bis Ende Juli vorzulegen sei.

Noch einige Hürden

Es ist dornroeschen nicht bekannt, ob der Maschinist die Geldgeber fand, um den Erwerb tätigen zu können, das Betriebskonzept jedenfalls wurde, wie die Schweizerische Depeschenagentur (sda) meldet, bisher nicht präsentiert - Grund genug für die SBB, nun die Statuten in einer Generalversammlung so abändern zu lassen, dass der Verkauf an die Stadtwerke Konstanz vollzogen werden kann.

Auch das Regierungspräsidium Freiburg (im Breisgau), der verlängerte Arm des Stuttgarter Innenministeriums, muss der beabsichtigten Fusion zustimmen, bevor sie verwirklicht werden kann. Die deutschen Schiffsbetriebe sind nicht nur an der Schweizer Flotte, sondern auch an der Werft der Romanshorner interessiert sind, die auch von der zwischen Friedrichshafen und Romanshorn verkehrenden Motorfähre "Euregia" genutzt wird. Diese Fähre gehört den deutschen und schweizerischen Schiffsbetrieben je zur Hälfte.

Zur Zeit 14 Schiffe und 8 Fähren

Die Fusion der beiden Gesellschaften würde die Position der Stadt Konstanz auf dem Bodensee weiter stärken. Unter der Konstanzer Flagge verkehren zur Zeit 14 Motorschiffe und 8 Fähren, davon 7 zwischen Konstanz-Staad und Meersburg. Die Romanshorner Schifffahrtsgesellschaft, die dieses Jahr ihr 150-jähriges Bestehen feiert, bringt vier Fahrgastschiffe (MS St. Gallen, MS Thurgau, MS Zürich und MS Säntis) sowie die Motorfähre "Romanshorn" ein.

Die Schweizer Obersee-Flotte konnte in den vergangenen Jahren trotz eines laufend verbesserten touristischen Angebots ihre Kosten nicht einfahren. Die Vertragspartner, so heißt es bei Eingeweihten, seien überzeugt davon: Durch einen Zusammenschluss mit den Konstanzer Schiffsbetrieben ergäben sich ausreichend Möglichkeiten, so viel einzusparen, dass sich der Betrieb künftig rentiere, und zwar ohne eine Einschränkung des Angebots.

"Es geht nicht um Prestigefragen"

Wiederholt wurde sowohl von den SBB als auch von den Stadtwerken Konstanz betont, bei der Fusion gehe es "nicht um Prestigefragen, sondern um die beste wirtschaftliche Lösung für alle Beteiligten". Grenzüberschreitende Kooperationen auf dem öffentlichen Sektor sind gerade im Bodenseeraum nichts Neues: Der Schweizer "Seehas" fährt seit Jahren bis nach Engen und Stockach; Konstanz betreibt Buslinien zusammen mit dem schweizerischen Kreuzlingen, Kreuzlinger Abwasser wird in der Konstanzer Kläranlage am Wollmatinger Ried gereinigt, Konstanzer Gas strömt bis nach Steckborn am Untersee, die Hälfte des Konstanzer Stroms kommt aus schweizerischen und französischen Kraftwerken, und die Schweizer Bahnen sorgen für die zunehmend komfortable Anbindung von Konstanz ans süd- und westeuropäische Schnellbahnnetz.

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