29.08.2005 | Kunst am Bau

Enzos Ulrike vertritt den heiligen Ulrich

Konstanz (gro) Ein "Weltmensch" spielt an der Zollernstraße Platzhalter für den heiligen Ulrich. Die bunte Figur aus der Künstlerwerkstatt von Enzo und Ursula Stragapede besetzt die Nische hoch oben am Haus Zollernstraße 3. Da die Statue eindeutig weiblich ist, wird sie in Anlehnung an ihre Vertretungsaufgabe Ulrike genannt. Das Denkmalamt ist, wie Hausbesitzer Peter Kaluscha versichert, mit der Zwischenlösung einverstanden. Der echte Ulrich wird in den kommenden Monaten restauriert und dürfte im Herbst oder Winter in seine Nische zurückkehren.

Bischof Ulrich hatte von seiner Nische aus über 100 Jahre lang einen guten Blick auf den Fischmarkt und auf die mittelalterlichen Hafenanlagen der Stadt Konstanz. Dann wurde das Haus zum Hecht erbaut, das den Blick zu einem großen Teil versperrte. Seither sieht man von der Nische an der Ostseite des Hauses Zollernstraße 3, am Alten Rathaus vorbei, nur noch ein Stückchen vom See (aber immerhin hinaus zu Lenks Hafenschönheit namens Imperia).

Die renovierungsbedürftige Statue des heiligen Ulrich verschwand schon vor Jahren aus der hoch gelegenen Nische in der Außenwand. Doch der Vorbesitzer des Hauses kam nicht mehr dazu, sie zu erneuern. Demnächst wird das nachgeholt. Die Statue stammt aus der Barockzeit und ist nicht so alt wie das Turmhaus, das bereits im 14. Jahrhundert als östliches Eckgebäude an der Südflanke der Zollernstraße entstand.

Möglicherweise hatte die Barockstatue eine Vorgängerin aus spätgotischer Zeit, die dann durch die Arbeit aus der Barockzeit ersetzt wurde. Dass die Nische in jedem Fall dem heiligen Ulrich vorbehalten war, liegt auf der Hand: Der Heilige ist vor allem der Patron der Fischer, Winzer, Reisenden und Wanderer (ferner auch noch der Weber und der Sterbenden).

St. Ulrich war von 923 bis 973 Bischof von Augsburg. Er war ein sehr einflussreicher Mann, der am Hofe von Kaiser und Königen als Ratgeber geschätzt war, und es gilt als sicher, dass es Ulrich war, der dafür sorgte, dass Konstanz seinen Bischof Konrad, den heutigen Schutzpatron der Stadt bekam.

Für die große Bedeutung Ulrichs spricht unter anderem ferner, dass er bereits 993 heilig gesprochen wurde, nur 20 Jahre nach seinem Tod und dass es die erste Heiligsprechung war, die der Papst selber in die Hand nahm. Bis dahin sorgten dafür stets regionale kirchliche Größen.

Ulrich ist einer der meistverehrten Heiligen der katholischen Kirche. Das Ulrichkreuz war im 18. und 19. Jahrhundert eines der beliebtesten Amulette. Eine eher augenzwinkernde Bedeutung hat jedoch der Fisch in der rechten Hand des Heiligen, mit dem er, St. Ulrich, selber in ein Bischofsgewand gehüllt, gerne dargestellt wird. Ein ungetreuer Sendbote, dem Ulrich auf dem Weg zu seinem Dienstherrn, dem Herzog von Bayern, an einem Freitag ein Stück Braten von seiner Festtafel mit auf den Weg gegeben hatte, wollte den Frevel gegen das Freitagsgebot mit dem gebratenen Fleisch beweisen. Doch als es der Bote hervor zog, hatte es sich in einen Fisch verwandelt.

Auch diese Fabel dürfte dazu beigetragen haben, dass Ulrich zu seinen Lebzeiten der wohl populärste hohe Kleriker seiner Zeit war. Und dass es nun bald an der zeit ist, dass er wieder herab schaut vom Haus Zollernstraße 3 - und hinaus schaut auf den See und zu Peter Lenks Imperia. Bis dahin vertritt ihn, bunt und munter, die Ulrike aus dem Atelier der Stragapedes.

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