02.09.2005 | SBB will Schweizer Oberseeflotte loswerden

Der Maschinist bleibt ganz allein

Konstanz (gro) Die Aktionärsversammlung der Schweizerischen Bodensee-Schifffahrtsgesellschaft AG Romanshorn (SBS) hat am 1. September fast geschlossen einer Satzungsänderung zugestimmt und das Vorkaufsrecht für Aktionäre aufgehoben. Damit soll der Weg frei gemacht werden für einen Verkauf der Flotte an die deutschen Bodensee-Schiffsbetriebe (BSB), eine Tochter der Stadtwerke Konstanz. Die einzige Gegenstimme kam von Einzelaktionär Flavio Cason. Der Schweizer Schiffsmaschinist blieb alleine. 23 weitere Mitarbeiter der BSB, die ebenfalls im Besitz einer Aktie sind, enthielten sich der Stimme. Das große Ja zur Satzungsänderung lieferten die Vertreter der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) ab, die 97,4 Prozent der Aktien halten. Beobachter rechnen damit, dass Flavio Cason gegen den Beschluss zur Satzungsänderung rechtlich vorgehen wird.

Maschinist Cason soll zunächst sogar Schwierigkeiten gehabt haben, zu der Aktionärshauptversammlung zu kommen, die am Donnerstag um 11 Uhr im Instruktionssaal der Flotte im Romanshorner Hafen begann. Denn sein Dienstplan stand im Wege. Doch dann klappte es doch noch, und der Einzelaktionär schaffte es in die Versammlung. Ausrichten konnte er jedoch wenig. Die Hauptaktionärin, die SBB, bestimmte die Tagesordnung. Und als die angekündigte Satzungsänderung anstand, hat es dem Vernehmen nach nicht einmal eine Diskussion gegeben. "Der Punkt war schnell abgehakt", sagte ein Teilnehmer. Die Abstimmung habe ein klares Bild ergeben. Falvio Cason blieb mit einer Nein-Stimme mutterseelenallein.

Eigentlich sollten die Kaufverträge bereits seit Mitte Juli unter Dach und Fach sein. Das jedenfalls sah der zwischen den Schweizer Schifffahrtsbetrieben und den Stadtwerken Konstanz abgesprochene Zeitplan vor. Schließlich war man sich bereits im Frühjahr handelseinig geworden. Der Aufsichtsrat der Konstanzer Stadtwerke und der Gemeinderat der größten Bodenseestadt hatten Zustimmung signalisiert.

Doch SBB und Konstanzer Einkäufer hatten die Rechnung ohne Maschinist Cason gemacht. Er pochte auf die Satzung der AG, die Aktionären ein Vorkaufsrecht einräumte. Ein Schreiben der Unternehmensleitung, das im vergangenen Mai alle 24 Kleinaktionäre aufforderte, auf dieses Recht zu verzichten, schlug er in den Wind. Stattdessen suchte er nach Investoren, die bereit wären, ihn bei der Übernahme des Schifffahrtsbetriebes zu unterstützen.

Cason hat mehrere Mitstreiter gefunden, der gewichtigste, ein Oberthurgauer Politiker und Unternehmer, blieb bisher im Hintergrund. Doch am 25. September, so hört man, will sich dieser Mann der Öffentlichkeit vorstellen. Bis dahin soll geprüft werden, ob es sinnvoll ist, gegen die Satzungsänderung vom 1. September juristisch vorzugehen.

Die Vorstellungen der Juristen gehen auseinander. Auf der einen Seite wird das demokratische Prinzip betont, das der Mehrheit einer Aktiengesellschaft grundsätzlich das Recht einräumt, die eigene Zukunft zu bestimmen. Auf der anderen Seite heißt es, der jüngste Änderungsbeschluss, der den Aktionären das ursprünglich gewährte Vorkaufsrecht wieder wegnehme, pervertiere den Geist der Satzung und verstoße grob gegen Treu und Glauben.

(Siehe dazu auch die Berichte "Maschinist hat kein Konzept" vom 11.08.2005 und "Der Maschinist und der große Unbekannte" vom 31.08.2005)

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