03.09.2005 | Gitarist am Bodensee vom Hurrikan erwischt

Marc Stone kann nicht zurück nach New Orleans

Konstanz/New Orleans (gro) Marc Stone, Gitarrist aus New Orleans, kann es immer noch nicht so recht fassen: Während er auf seiner Europatour am idyllischen Bodensee Station macht, ist über seine Heimatstadt die Hölle hereingebrochen. Seinen Rückflug, der für den 10. September gebucht ist, kann er in den Wind schießen. New Orleans versinkt im Chaos, die Horrormeldungen häufen sich. Es herrscht Krieg in Louisiana. Freunde des 35-jährigen Musikers organisieren Benefizkonzerte. In den kommenden Wochen soll Marc Stone auch in Konstanz auftreten.

Obwohl inzwischen fast alle Kontakte abgerissen sind, weiß Marc Stone, dass seine Wohnung in der Broadmoore Road zerstört ist.. Damit ist auch seine umfangreiche Plattensammlung dahin. Für seine wertvolle Gitarrensammlung, die in einem Lagerhaus eingelagert war, gibt es ebenfalls keine Hoffnung mehr. Er kann seine Freundin telefonisch nicht mehr erreichen und auch nicht seine eigene Mailbox.

über den Internet-Kontakt mit einem Freund erfuhr der Musiker gestern, dass das Wasser an der Mündung des Mississippi derzeit wieder steigt. Mindestens einen Monat, schätzt Marc Stone, wird es dauern, bis das Wasser abgepumpt ist. Doch wahrscheinlich geht diesmal alles sehr viel länger. Denn New Orleans ist nicht nur überflutet, es brennt inzwischen auch. Marodierende Banden ziehen durch die Stadt. Gouverneurin Kathleen Blanco ließ 300 Irak-Veteranen einfliegen, um die Ordnung wieder herzustellen. Blanco: "Die wissen wie man tötet!"

Der Verlust seiner Wohnung trifft Marc Stone hart, doch sehr viel härter treffen ihn die Nachrichten von den Tausenden von Toten.. Diese menschlichen Schicksale erschüttern ihn. New Orleans sei immer schon ein gefährlicher Platz gewesen. Man habe mit diesem Wissen gelebt und mit dem Abgrund geflirtet. Doch mit einer solchen Katastrophe habe niemand gerechnet. Schon bei der Teilevakuierung vor einem Jahr, als Hurrikan Ivan wütete, sei es "fürchterlich zugegangen". Dass es noch sehr viel schlimmer werden könnte, hatte niemand für möglich gehalten.

Marc Stone heißt eigentlich Marc Steinberg. Seine Vorfahren kommen aus Deutschland und Süditalien. Stone wurde in New York City geboren, wo er auch aufwuchs, in die Fußstapfen seines aus Süditalien stammenden Großvaters trat und Musiker wurde. Schon als 17-jähriger trat er als Gitarrist mit Holmes Brothers und mit Johnny Allen in Clubs in Ithaca (NY), und in New York City, vor allem in Jazztreffs in Greenwich Village auf.

Beim New Orleans Jazz & Heritage Festival anfangs der 90-er Jahre kam er in Kontakt mit etlichen Größen Louisianas. Die Zuneigung und das musikalische Verständnis waren gegenseitig. Marc Stone, zu dessen Vorbildern Buddy Holly und Little Richard, Chuck Berry und King Curtis sowie der in New Orleans immer noch vermisste Fats Domino zählen, zog in den heißen Süden der Staaten.. New Orleans wurde seine neue Heimat. Er spielt mit vielen Größen der Szene, in der Band des Pianisten Eddi Bo, steht immer wieder mit Clifton J. Chenier, dem König des Zydeco, auf der Bühne, mit Dwayne Dopsie & the Zydeco Hellraisers oder mit Sista Teedy & Cool Riddmus.

Vor einigen Jahren gründete der Gitarrist und Songwriter eine eigenen Band, The Marc Stone Band und tat sich mit der Sängerin Arlee Leonard zusammen. Seine Europatour diente dazu, das Jazzpublikum mit seinen CDs bekannt zu machen.

Im Bischofsschloss in Markdorf sind dem am Bodensee gestrandeten Musiker, der bei einer Bekannten in Unteruhldingen zu Gast ist, von Bernd Reutemann spontan zwei Konzerttermine eingeräumt worden: am kommenden Dienstag, 6. September, und am Donnerstag, 8. September, wo der Gitarrist ab 21 Uhr sein Soloprogramm im Schlosshof präsentieren wird. Weitere Termine, auch in Konstanz, sollen folgen.

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