05.09.2005 | Streichpläne des Kulturdezernenten

"Verlängerter Arm des Stadtkämmerers"

Konstanz (gro) Die jüngsten Streichpläne von Bürgermeister Claus Boldt sorgen für Verblüffung bei den Konstanzer Theaterleuten. Man will es kaum glauben, dass ausgerechnet der Kulturdezernent laut und öffentlich darüber nachdenkt, zwei Spielstätten des Stadttheaters, das Sommertheater und die Spiegelhalle, zu streichen. Insgesamt 750.000 Euro oder 7,5 Prozent der Ausgaben für Kultur soll und will Boldt einsparen. Man frage sich, so hört man in Theaterkreisen, wozu man einen Kulturdezernenten überhaupt benötige, wenn der sich doch nur als verlängerter Arm des Stadtkämmerers entpuppe.

Die Theaterleute, die in diesen Tagen aus dem Urlaub zurückkehren, wurden am Wochenende kalt erwischt. Dem "Südkurier" entnahmen sie, dass der Kulturdezernent seine bereits vor einigen Wochen eher am Rande geäußerten Sparpläne in einem Gespräch mit den Kulturredakteuren Carola Stadtmüller und Wolfgang Bager bekräftigte. Wenn es nötig sei, müsse das in der Spiegelhalle untergebrachte Jugendtheater ins große Haus integriert werden, das Sommertheater, das von Meersburg nach Überlingen umgezogen ist, müsse notfalls eingestellt werden, sagt Boldt.

Das wundert nicht nur Theaterleute. Denn eigentlich sollte dem Kulturdezernenten gesagt worden sein, dass das Sommertheater alljährlich die kostengünstigste Produktion ist, die dank spezieller Zuschüsse vom Land und aus dem Bodenseekreis nahezu kostenneutral für den Etat der Stadt Konstanz verwirklicht werden kann. Hinzu kommt die enorme Werbewirkung, von der nicht nur das Theater, sondern die ganze Stadt Konstanz profitiert.

Was die Spiegelhalle angeht, übersehe der Kulturdezernent "die Situation wahrscheinlich ebenfalls nicht so ganz", hört man an Konzilstraße und Inselgasse. Die neue Spielstätte im Hafen sei nicht zuletzt Dank eines enormen gesellschaftlichen Engagements Wirklichkeit geworden. Wenn die Spiegelhalle geschlossen werde, käme dies dem Eingeständnis gleich, Kraft und Geld am falschen Platz investiert zu haben. Im Übrigen übersehe Boldt wohl auch, dass Konstanz für die gesamte Bodenseeregion eine Vorreiterrolle in Sachen Kinder- und Jugendtheater spiele.

Ebenso wenig bedacht sei offenbar auch die Tatsache, dass dem Stadttheater seit Jahren Proberäume fehlen. Schon im Hinblick darauf sei eine Integration des Jugendtheaters ins große Haus an der Konzilstraße nur machbar, wenn das Theater insgesamt "zusammengestrichen" würde. Ob sich angesichts solcher Aussichten noch fähige Intendanten und gute Schauspieler fänden, stehe in den Sternen.

Auf Befremden stößt auch die Forderung Boldts nach mehr Transparenz. Zum einen sei sie jederzeit gegeben. Zum anderen habe man dem Theaterbetrieb Mittelverknappung und "Deckelung des Etats" in den vergangenen Jahren durch mehr Eigenverantwortlichkeit für den Theaterhaushalt "ein wenig zu versüßen versucht".

Bei den Freunden des Theaters sähe man es gerne, wenn sich der Kulturdezernent, der seit dem Frühsommer des Jahrs im Amt ist, ein wenig umschaute und die Kulturausgaben anderer Städte betrachtete. Eine gute Messzahl sei der Aufwand pro Kopf der Bevölkerung. Da mache Konstanz, immerhin das kulturelle Oberzentrum der Region, "keine besonders üppig ausgestattete Figur".

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