Wachgeküsst

Es war einmal eine verträumte Stadt mit einem
wunderschönen Rathaus, einem Theater, einem
Sinfonieorchester, keinem Kongresszentrum, aber
viel zu vielen Autos, keinem Konzerthaus, aber
einer großen bunten Zeitung und dem grünen König
Horst.

Bei Hofe herrschte meistens Streit, und Constantia,
die schöne Königstochter, wurde davon so müde, dass sie eines Tages bewusstlos umfiel. Da sanken auch all die streitsüchtigen Ratsherren hin, die Kaufleute, die Pfarrer, die Wirtsleute und ihre Gäste, die Straßenkehrer, die Museumswärter, die Gaukler, die Verleger und die Zeitungsschreiber. Die Autos blieben stehen, und selbst Imperia, die Hafenschöne, hörte auf sich zu drehen und streckte der Stadt stumm Kaiser und Papst entgegen. Doch anders als das Dornroeschen der Gebrüder Grimm dauerte der Schlaf hinter einer wuchernden Dornen-
hecke keine 100 Jahre, auch wenn niemand so ge-
nau sagen kann, wie lange die Bewusstlosigkeit anhielt.

Sei's drum, das Konstanzer Dornroeschen ist jetzt wachgeküsst. Es schaut den Konstanzern zwischen Dornen und Rosen entgegen und erzählt von seinen eigenen Träumen und Alpträumen.