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25. April 2017 | 400 Seiten gegen das Polit-und Finanzsystem

Wilhelm Hansen – ein Mann rechnet ab

Konstanz/Tägerwilen (gro) Das Buch hat 401 Seiten und passt messerscharf in unsere Zeit. „Geldwäsche als Geschäftsmodell“ lautet der Titel. Geschrieben hat das Buch Wilhelm Hansen, 67, der frühere Erste Bürgermeister der Stadt Konstanz. Es ist eine fulminante Abrechnung mit dem internationalen Bankensystem und der damit verbandelten Justiz und Politik. Es handelt sich um eine Sammlung von Fakten in dichter Folge. Obwohl Hansen angesichts des Geschehens und der daraus resultierenden Ungerechtigkeit seine Bitterkeit nicht verbergen kann, lässt sich das Buch mit Vergnügen lesen. Denn der Autor ist nicht nur bitter, sondern auch respektlos spöttisch, ironisch und stellenweise fatalistisch. Vor allem aber gnadenlos offen.

Nicht mal 10 Prozent der Organisierten Kriminalität

Gerade ist bekannt geworden, dass deutsche Banken und internationale Börsenhändler mit Cum-Ex-Geschäften in den vergangenen sechs Jahren über 10 Milliarden Euro erbeutet haben, also über 10.000 Millionen Euro, die den Finanzbehörden, also der Allgemeinheit, vorenthalten worden sind. Noch eine verrücktere Zahl: In zwei von einander unabhängigen, internationalen Studien ist festgestellt worden, dass durch die weltweit tätige Organisierte Kriminalitität pro Jahr knapp 3 Billionen Euro erwirtschaftet werden, in Zahlen: 3.000.000.000.000 Euro. Zum Vergleich: Der Haushalt Deutschlands betrug 2014 knapp 300.000.000 (300 Milliarden) Euro, also gerade einmal 10 Prozent dessen, was die Organisierte Kriminalität umsetzt. Sie lebt von illegalen Geschäften, vor allem von Betrug, Menschenhandel sowie illegalem Waffen-, Kunst-, Öl- und Drogenhandel .

Bislang geht es um die Ausfüllung von Formularen

Die ergaunerten Finanzmittel sind wertlos, wenn man sich dafür nichts kaufen kann, müssen also reingewaschen werden. Vor diesem nahe liegenden Hintergrund wird die Politik seit einigen Jahren nicht müde, den nationalen und internationalen Geldflüssen, die auch den Terrorismus finanzieren helfen, mit allerlei bürokratischen Massnahmen auf die Spur zu kommen. Wilhelm Hansen entlarvt solche Bemühungen als kleinkarierten Aktionismus. An die mafiös organisierten, weltweit agierenden Banken mit ihren Off-Shore-Systemen traut man sich laut Hansen, von Ausnahmen abgesehen, nicht heran.

Steuerparadiese und ein beängstigender Glaube

So lange Steuerparadiese wie „London, Luxemburg oder Malta unangetastet bleiben, wird die Kontrolle von Stromrechnungen durch die EU-Bürokratie … nichts daran ändern, dass der Geldwäsche nach wie vor Vorschub geleistet wird“, stellt Hansen fest. Diese „Steuerparadiese (haben) einen einzigen Zweck: Natürlichen Personen und internationalen Unternehmen steuerfreie oder extrem günstige Geschäfte zu ermöglichen“. Übrigens, so merkt Hansen zusätzlich an, sei der Glaube an das Endziel eines rundum vereinten Europas, ein Glaube mit nahezu religiösem Charakter, „eine für die die Schweizer Nachbarn beängstigende Vorstellung“.

Einst die Raufbolde Europas

Es kommt laut Hansen jedenfalls nicht von ungefähr, dass sich die Schweiz trotz fortschreitender Globalisierung in Grenzgebieten durch allerlei schikanöse, wie aus der Zeit gefallene Bestimmungen bis heute kleinlich abschottet. Zu der selbst empfundenen, wehrhaften Sonderstellung in Europa, so vermutet Wilhelm Hansen, trägt vermutlich bei, was die Schweiz und ihr alpin erprobtes Volk spätestens seit dem 16. Jahrhundert auszeichnete: „Schweizer Söldner“, die seinerzeit rabiatesten Raufbolde des Kontinents Europas, waren laut Hansen „die Elitetruppen der europäischen Potentaten der Neuzeit“.

Inzwischen die 4. Geldwäscherichtlinie

Was Hansen, der promovierte Einser-Jurist, der etliche Jahre auch an der Uni St. Gallen lehrte und sowohl in Deutschland als auch in der Schweiz als Anwalt engagiert ist, skandalös findet, sind durchweg belegte Tatsachen. Etwa, dass die Deutsche Bank seit Jahren immer wieder in krumme Geschäfte verwickelt ist und dafür Milliardenbeträge an Strafzahlungen leistet, während die verantwortlichen Manager des Geldhauses ungeschoren bleiben und nach wie vor Millionen-Gehälter einstreichen. Seit Jahren habe man die Geldwäsche im Visier, auch in Deutschland, geschehen sei wenig, sagt Hansen, inzwischen sei die 4. Richtlinie verabschiedet. Doch wirksam geworden sei nahezu nichts - mit Ausnahme einer zunehmenden Belästigung normaler Bankkunden.

“Geldwäsche” als Zauberformel”

Zu den „Scheinaktivitäten“ der Behörden, kritisiert Hansen, gehörten die lächerlichen Versuche, die Bargeld-Annahme nachhaltig zu beschränken. Das Wort Geldwäsche werde zwar wie eine Zauberformel herum gezeigt und regelmässig beschworen. Tatsächlich komme man gegen das Problem nur an, wenn es gelänge, die über Jahrzehnte gewachsenen Strukturen der Offshore-Geschäfte zu zerschlagen und zwar auf der ganzen Welt.

Wilhelm Hansen: Geldwäsche als Geschäftsmodell - Die Kultur der Geldwäsche, Verlag R.G. Fischer, Frankfurt 2017. € 38.-
ISBN 978-3-8301-1748-3

Bild: Frieder Schindele




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