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6. Dezember 2022 | Vom Umgang mit Flüchtlingen

Es muss nicht immer eine windige Leichtbauhalle sein

Konstanz/Kreuzlingen (gro) Bei der Kreuzlinger Volkspartei (SVP) macht man sich Sorgen, dass auf Klein Venedig eine Ansammlung von Flüchtlingen aus aller Welt für Ungemach sorgen könnte. Die aussenrechte SVP-Gemeinderatsfraktion der schweizerischen Nachbarstadt hat diese Sorgen in eine förmliche Anfrage gepackt und die Regierung ihrer Stadt aufgefordert, in Konstanz nachzufragen, wie man sich eine allfällige Auffangstation von Geflüchteten im Einzelnen vorzustellen habe, nicht zuletzt im Hinblick auf die Tatsache, dass ein solches Lager an einer offenen Grenze zu liegen käme.

Abstossende aufgeschichtete Container-Gebilde

Schaut man sich beiderseits der (offenen) Staatsgrenze bestehende Sammelunterkünfte für Flüchtlinge an, kann man die Sorgen verstehen. Oben (auf dieser Seite) das moderne BAZ (Bundes-Asyl-Zentrum Kreuzlingen), darunter vorerst besser noch kein Bild: Windige Konstanzer Leichtbauhallen wirken zumindest in spätherbstlicher Winterzeit fast ebenso abstossend wie aufeinander geschichtete Containergebilde. Solche Leichtbauhallen sind aber ins Auge gefasst: Man könnte sie auf Klein Venedig aufbauen, weil das so genannte Deutsch-Schweizerische Oktoberfest wahrscheinlich aufgegeben wird, Anschlüsse für Trinkwasser, Strom und Abwasser aber vorerst vorhanden bleiben.

In Kreuzlingen Platz für 300 Asyl-Suchende

Das Kreuzlinger BAZ in der Döbelistrasse ist ein moderner, lichtdurchfluteter Stahlbeton-Palast, nicht weit vom Hauptbahnhof und nahe der Kreuzlinger Aldi-Filiale, luftig und mindestens sanitär komfortabel. Er bietet Platz für etwa 300 Asylbewerber und für Juristen, schweizerisches Verwaltungspersonal und für Abgeordnete von etlichen Hilfsorganisationen. Alle Menschen dort sind hoch gefordert. Denn das BAZ ist hauptsächlich eine Durchgangsstation, also auch da für Flüchtlinge, die nur geduldet werden können und/oder wieder abgeschoben werden müssen. Die vorübergehend schutzbefohlenen Flüchtlinge helfen mit, die Behörde praktisch zu betreuen, durch Service-Tätigkeiten vom Putzen bis zur Essensverteilung. Das macht die Aufgaben nicht einfacher, ganz im Gegenteil. Immerhin wird für den Aufenthalt eine solide Unterkunft geboten.

Über 50 Prozent der Mitbürger sind Ausländer

Kreuzlingen hat nur ein Viertel so viel Einwohner wie Konstanz. Aber einen Anteil von Ausländern mit Schweizer Hauptwohnsitz von deutlich über 50 Prozent (in Konstanz liegt ein entsprechender Anteil solcher Mitbürgerinnen und Mitbürger nur bei etwa 16 Prozent). Trotzdem wirkt in Kreuzlingen der Umgang mit Ausländern, wie Tausende Mitbürgerinnen, Mitbürger und Geflüchtete bezeugen könnten, sehr viel integrativer. Kein Wunder: Ein italienisch sprechender Passant ist für einen Konstanzer noch immer ein Italiener, für einen Schweizer mindestens halb so sicher ein Schweizer aus dem Ticino (Tessin), ein französisch parlierender Kunde wahrscheinlich ein „Welscher“ aus Lausanne, Neuenburg oder Genf, jedoch für manchen Konstanzer eher ein Flüchtling aus Algerien, Marokko oder gar aus einem Landstrich südlich der Sahara.

Höchste Zeit für einfache arabische Sprachführer

In Sachen Geld ist es anders: Obwohl hierzulande, weder in Konstanz noch in Kreuzlingen, auch ein halbwegs gepflegtes Arabisch - verdammt nochmal - kaum jemand versteht, gibt es auf diesem Feld beiderseits der Grenze selten Probleme. Kein Wunder, schliesslich benutzen wir auch am Bodensee seit über 1000 Jahren arabische Zahlen und Rechensysteme. Umso mehr ist die Zeit längst reif für einfache arabische Sprachführer. Zumindest die Volkshochschule sollte endlich entsprechende Kurse anbieten. Sie wären zudem geeignet, Geflüchteten den einen oder anderen Arbeitsplatz zu verschaffen.



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Ein Kommentar

  1. 1. I. Schiesser

    Vergleich hinkt

    Der Vergleich zwischen der Kreuzlinger Einrichtung und Konstanzer Asylunterkünften hinkt. Die Kreuzlinger Einrichtung ist keine, in der AsylbewerberInnen nach ihrer Ankunft leben und auf einen Entscheid warten. Seit einiger Zeit ist es ein “Ausschaffungszentrum”; in Deutschland wäre das ein “Abschiebezentrum”. Darin halten sich Menschen auf, die auf ihre Abschiebung warten. Gebaut wurde es zwar als “Empfangsstelle”. Aber auch die war nicht für einen längeren Aufenthalt gedacht, sondern nur für die Zeit der Registrierung von Neuankömmlingen. Danach wurden/werden sie in “Durchgangswohnheimen” (oder -Unterkünften) untergebracht. Bei diesen kann es sich um alles zwischen Luftschutzkellern (schweizerisch: Zivilschutzbunker), Wohnbaracken, Wohnungen und umgenutzten Hotels handeln.

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