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23. Februar 2006 | Narren am Ende ohne Publikum

Butzenlauf mündet in der Sackgasse

Konstanz (gro) Es war ein missglücktes Jubiläum. Der 25. Konstanzer Butzenlauf mündete in einer Sackgasse. Am unteren Münsterplatz blieb das abschließende Spektakel des Umzugs ohne Publikum. Es war das erste Mal, dass die maskentragenden Zünfte und Vereine dorthin zu ziehen hatten. In den vergangenen 17 Jahren hatte der Obermarkt den passenden Rahmen abgegeben für den prächtigen Auftakt der Konstanzer Straßenfasnacht. Der erste “richtige” Butzenlauf hatte 1983 allerdings das Münster zum Ziel gehabt. Doch damals bildete die monumentale Westfassade die Kulisse für den abschließenden Aufmarsch und die Tänze der Konstanzer Fasnachter.

Die Narren verschwanden in der Versenkung

Diesmal verschwanden die bunten Narrenscharen am Ende buchstäblich in der Versenkung. Der überlange Umzug führte vom Schnetztor her durch die Hussen- und Wessenbergstraße, dann über den westlichen Teil des Münsterplatzes in die Gerichtsgasse, am Costa del Sol vorbei die Inselgasse hinauf und dann über die Brückengasse zur nordöstlichen Ecke des Münsterplatzes bis zur Christuskirche. Da war man am Ende von zwar malerischen, aber weitgehend menschenleeren Gebäuden umgeben.

2 Euro „Sicherheitsgebühr“

Die Narrenscharen, die anlässlich der 25. Wiederkehr des Butzenlaufes durch benachbarte Vereinigungen erheblich verstärkt worden waren, blieben im Zielareal weitgehend unter sich. Dass für den Besuch des Festzeltes im Innenhof neben der Christuskirche 2 Euro „Sicherheitsgebühr“ abverlangt wurden, war der Stimmung ebenfalls nicht eben zuträglich. Immerhin hatten die Sicherheitskräfte keine Mühe, vorfeiernde Fasnachter beizeiten nach Hause zu schicken.

Felgenhauer als munterer Blätzlebueb

Revierleiter Joachim Felgenhauer, der normalerweise für reichlich pessimistische Einschätzungen gut ist, konnte sein prächtiges Blätzlehäs unbeschadet und unbeschädigt nach Hause tragen. Und wenn die Konstanzer Narren weiter so gedämpft bleiben, darf Felgenhauer weiterhin unbesorgt den frohgemuten Fasnachter machen, den er schon immer mal geben wollte.

Nach ersten, teilweise verregneten Gehversuchen auf der Marktstätte hatte der erste rundum gelungene Butzenlauf mit seinen bengalischen Feuern und den wilden, lange Schatten werfenden Tänzen vor der Eingangshalle der altehrwürdigen Bischofskirche vor 23 Jahren überzeugend archaische Züge, die die Veranstaltung am Vorabend des „Schmotzigen“ auf Anhieb zu einem Erfolg machten.

Barbarossa und Malhaus sind die ideale Kulisse

Da der Münsterplatz bald darauf zur Dauerbaustelle wurde, wich die Arbeitsgemeinschaft der maskentragenden Zünfte und Vereinigungen auf den Obermarkt aus. Damit war der beste Ort für das Spektakel gefunden. Das Haus Barbarossa und das Malhaus bilden die ideale Kulisse für das Spektakel, das am Münster in der Tat nichts verloren hatte. Die unbändige Narretei wandte sich noch nie gegen die von religiösen Gesichtpunkten beeinflussten Disziplinierung, sondern schon immer gegen die staatliche Repression. Deshalb ist der Obermarkt, auf dem einst auch hingerichtet worden war, der ideale Ort für den Konstanzer Narrenaufmarsch.

SWR verstellt Obermarkt mit Baustelleneinrichtung

Dieses Jahr marschiert dort das Fernsehen auf. Vorauskommandos des Südwestrundfunks haben den Platz gestern mit TV-Gerätschaften derart vollgestellt, dass er dieses Mal für den Butzenlauf gar nicht mehr geeignet gewesen wäre. Der Platz sieht aus wie eine frisch eingerichtete Großbaustelle. Eine Zumutung für die Freunde der Jakobiner, die sich den verhältnismäßig kleinen Platz mit der überbordenden Technik des modernen staatlichen Fernsehens teilen müssen. Den besten Platz, die närrische Verurteilung des in Ungnade gefallenden, ehemaligen Sozialministers Andreas Renner zu verfolgen, hat man deswegen heute Mittag zu Hause am Fernsehgerät.

Da Renner am Ende über einen ungnädigen Bischof gestolpert ist, hätte es sich geradezu zwingend angeboten, das närrische Jakobinerspektakel diesmal ans Münster zu verlagern. Der Obermarkt hätte dann frei bleiben können für den Butzenlauf.



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