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12. Oktober 2009 | Was lernen Konstanzer Schulen aus Mobbing-Fällen?

Wenn das Opfer die Schule verlässt…

Konstanz (wak) Die Schule zu wechseln ist nicht der Normalfall, aber auch kein Drama. Das sagte Reinhard Stifel, Schulleiter an der Geschwister-Scholl-Schule und geschäftsführender Schulleiter der Konstanzer Gymnasien. Ein Drama könnte es am Ende aber doch sein, wenn ein erniedrigtes Opfer die Schule verlässt, weil sich die Täterinnen und Täter dann hinterher womöglich auch noch als Sieger fühlen. Das ist die Meinung eines Sozialpädagogen, der zusammen mit einem Partner eine Beratungs-, Coaching- und Trainingsfirma betreibt und im Auftrag von Betrieben auch bei Mobbing-Fällen interveniert und moderiert. „Täter können sich bestätigt fühlen, weil sie das Opfer nicht da haben wollen, wo es ist“, so der Sozialpädagoge.

Viele Schulen sind Tatorte

Mobbing findet statt überall und immer wieder. Zum Tatort wurde in Konstanz auch nicht etwa nur die Geschwister-Scholl-Schule. Das haben Reaktionen auf unseren Beitrag „Dein Aussehen regt mich auf“ gezeigt, der von Jennys Fall berichtete.

Letzter Ausweg Weggang

Dass gemobbte Kinder die Schule verlassen, ist trotz der Bedenken von Experten im Ernstfall richtig, wenn es für das Opfer keine andere Möglichkeit mehr gibt, das Problem zu lösen, und die Situation zu verfahren ist. Wenn der Konflikt eine bestimmte Stufe auf dem Konflikteskalationsmodell erreicht hat, gibt es nur noch einen Ausweg. „Die gemobbte Person muss sich aus der Situation herausziehen“, rät der Sozialpädagoge.

Neues Opfer wird gesucht

Ob das Mobbing unter Mitschülern beendet ist, wenn ein Opfer aus der Klasse oder von der Schule verschwindet, ist noch längst nicht sicher. „Möglich ist, dass sich die Täter ein neues Opfer aussuchen, wenn sie Macht ausüben wollen“, sagt der Sozialpädagoge. Manchmal brauche eine Gruppe einen gemeinsamen Feind, um sich definieren zu können. „Die Kinder stecken in Mustern“, erklärt der Mobbing-Experte.

Experten-Rat einholen

Illusorisch wäre es zu glauben, ein Opfer könne eine Situation selbst klären. „Es kommt auf die Reife der Beteiligten an“, so der Sozialpädagoge. In der Regel sei das Opfer aber überfordert. Der Experte, der auch Mobbing-Seminare an Unternehmen und Schulen anbietet, sagt: Zuerst sei es Aufgabe des Klassenlehrers, sich um das Opfer zu kümmern, wenn es sich ihm anvertraue. Das Problem: In ihrer Ausbildung haben Lehrer oft das Handwerkszeug nicht mitbekommen, das sie dringend bräuchten. „Das muss ich moderieren können“, sagt der Mobbing-Experte. Wenn ein Gespräch nicht zielführend sei, sollte – bevor es zu spät ist - der Rat eines Experten von außen eingeholt werden. Von der Mobbing-Beauftragten der Geschwister-Scholl-Schule wollten wir gern wissen, wie sie sich weiter gebildet hat, um ihre Aufgabe als Beratungslehrerin ausführen zu können. Eine E-Mail an sie blieb bis heute aber noch unbeantwortet.

Kinder brauchen ihre Eltern

Wichtig für ein Mobbing-Opfer ist es, dass es die Unterstützung seiner Eltern hat. „Es ist eine traumatische Erfahrung. Das Selbstvertrauen eines Kindes wird zerstört“, weiß der Sozialpädagoge. „Kinder sind hochgradig auf ihre Eltern angewiesen.“ Sinnvoll sein könnte es, von Anfang an auch Schulsozialarbeiter einzubeziehen. Aufgrund ihrer Ausbildung sind Schulsozialarbeiter besser als Lehrer in der Lage einzugreifen, und sie haben eine andere Rolle in der Schule. Ein Problem sind bei Mobbing an Schulen meist auch die Eltern der Täterinnen und Täter. Sie wollen oft nicht wahr haben, dass ihr Kind ein anderes mobbt.

Starke Kinder wehren sich

Die beste Prävention und der beste Schutz vor Mobbing ist die Stärkung des Selbstbewusstseins von Kindern. Nur Kinder und Jugendliche mit einem extrem starken Selbstvertrauen und einer hohen Kommunikationskompetenz sind in der Lage, von sich aus die Täter anzusprechen und sie mit ihrem Verhalten zu konfrontieren. „Manche Kinder fressen das auch in sich hinein“, warnt der Sozialpädagoge. Wenn sich ein Kind an einen Lehrer wendet, dürfen keine Fehler mehr gemacht werden.

Straftat Mobbing

Da Mobbing ein Straftatbestand ist, könnten Betroffene auch Anzeige erstatten. Eine solche Anzeige bei der Polizei wirke wie ein Stopp-Zeichen. „Ein Exempel wird statuiert“, so der Sozialpädagoge. Die Androhung einer Strafe könne etwas in Gang bringen. So weit würde es der Fachmann aber am liebsten gar nicht erst kommen lassen. Er rät zu Prävention, zu Trainings in der Klasse. „Schulen tun sich aber oft schwer, Leute von außen zu holen“, so der Sozialpädagoge. Das liege nicht nur, aber auch am Geld. Offenbar sind Betriebsräte, Abteilungsleiter, Personalabteilungen und Personalentwickler von Unternehmen in diesem Punkt offener. In einigen Fällen hätten Fördervereine an Schulen Präventionsarbeit bezahlt, so der Experte. Sinnvoll sei es, das Thema schon in der Grundschule zu thematisieren und Kinder zu sensibilisieren.

Foto: Frieder Schindele | TMW



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2 Kommentare

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  2. 2. KrisMob

    Hallo ihr Lieben,

    ich denke es betrifft ganz viele Leute. Vor allem Kinder sind oftmals Opfer von Mobbingattacken. Gründe dafür gibt es unterschiedliche. Meistens allerdings geht’s ums aussehen oder das Herkunftsland. Allerdings kann das auch Lehrer an der eigenen Schule betreffen. Manche werden bewusst ausgegrenzt oder ähnliches. Gute Schulungen zu dem Thema habe ich hier auf der Heraeus Bildungsstiftung Seite gefunden.
    Vielleicht kann dort dem ein oder anderen geholfen werden.

    https://heraeus-bildungsstiftung.de/mobbing-in-schule/

    Beste Grüße und einen guten Rutsch wünsche ich.

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