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9. Mai 2011 | Zweifel an Rechtmässigkeit der Müller-Esch-Kündigung

Jürgen Wiedemann schaltet Regierungspräsidium ein

Konstanz/Freiburg (gro) Jürgen Wiedmann hat „starke Zweifel“ an der Rechtmässigkeit des Kündigungsverfahrens, mit dem Professor Gert Müller-Esch die Weiterarbeit am Klinikum verboten worden ist. Der Stadtrat der Neuen Linie Konstanz (NLK) will das Kündigungsverfahren von der Kommunalaufsicht beim Regierungspräsidium (Abteilung 1, Referat 14) prüfen lassen. Müller-Esch, dem Chefarzt des Zentrums für Innere Medizin (ZIM) wurde von der Krankenhausleitung auf Empfehlung des Gemeinderats fristlos gekündigt. Dieser Empfehlung, die am Donnerstag nach Ostern erging, war im Stadtparlament eine über fünfstündige Debatte vorausgegangen, in der zwar die Gegner Müller-Eschs ausführlich zu Wort kamen, nicht aber der angegriffene Chefarzt und seine Ärzteschaft.

Unfaires Vorgehen gegen den Chefarzt

Aus der Mitte des Gemeinderats war in jener nicht öffentlichen Sondersitzung zwar der Wunsch geäussert worden, vor einer Entscheidungsfindung nicht nur die kommunalen Ankläger des Chefarztes anzuhören, sondern auch Müller-Esch selber zu Wort kommen zu lassen. Dieser Wunsch wurde von Bürgermeister Claus Boldt zurückgewiesen, und zwar mit dem Argument, dass dies „aus rechtlichen Gründen“ nicht möglich sei. Oberbürgermeister Horst Frank, ebenfalls Jurist, habe dieser Behauptung stillschweigend zugestimmt, sagt Wiedemann. Bekannt geworden ist inzwischen ferner, dass sich Stadtrat Werner Allweiss gerade wegen dieses unfairen Vorgehens der Stadtspitze gegen die Kündigung Müller-Eschs ausgesprochen hat. Insgesamt haben dem Vernehmen nach 11 Stadträtinnen und Stadträte gegen das Entlassungsbegehren gestimmt; die Mehrheit der Befürworter kam auf 18 Stimmen.

Selbst Johannes Weindel ist schockiert

Nicht nur Wiedemann findet das Kündigungsverfahren unangemessen. Der Personalrat des Klinikums ist wegen des als krass unfair empfundenen Verhaltens gegenüber Müller-Esch am Dienstag vergangener Woche geschlossen zurückgetreten. Das Vertrauen in die Klinikleitung sei dahin. Ähnlich kritisch sind die Reaktionen zahlreicher weiterer Mitarbeiter des Klinikums. Auch etliche niedergelassene Ärzte, nicht nur in Konstanz, verurteilen den Umgang mit dem seit 14 Jahren amtierenden Chef der Inneren Medizin. Entsetzt über den Rausschmiss ist auch Johannes Weindel, der Verwaltungschef des Klinikums Friedrichshafen, der die Sanierung des Konstanzer Krankenhauses vor zwei Jahren einleiten half. Hinzu kommt, dass die 24 Ärzte des ZIM geschlossen hinter Müller-Esch stehen.

25 Ärzte haben den Brief unterzeichnet

Diese 24 Ärzte haben wie Müller-Esch den Brief unterzeichnet, der die fristlose Kündigung des Chefarztes rechtfertigen soll. In dem Brief beschweren sich die Ärzte gemeinsam in scharfer Form über den Führungsstil der Klinik-Leitung und über „gefährliche“ Versuche bei der Umstrukturierung des Klinikums, unter anderem auch über das Rätsel, dass der Inneren Medizin trotz einer massiven Personalreduzierung innerhalb eines Jahres plötzlich ein Verlust in Höhe von 1 Million Euro zugerechnet wird. Hinzu kommt weiter, dass die Vorwürfe aus dem zurückgetretenen Personalrat in geradezu verblüffender Weise jenen Vorhaltungen gleichen, die in dem inkriminierten Brief der ZIM-Ärzteschaft vorgetragen werden: mangelhafte Kommunikation und Dialogbereitschaft der Krankenhausleitung, undurchsichtige Vorhaben und mangelnde Rücksicht im Umgang mit dem Personal.

„Müller-Esch hätte unbedingt angehört werden müssen“

Angesichts dieser komplexen Gemengelage und der damit verbundenen, zahlreichen unbeantworteten Fragen hält es Wiedemann für völlig verfehlt die ganze Kritik Müller-Esch anzulasten. Davon abgesehen hätte Müller-Esch vom Stadtparlament „unbedingt“ gehört werden müssen, sagt Wiedemann weiter. Es gehe nicht nur um die Belange des Chefarztes: Jeder Stadtrat, der sich ernsthaft Sorgen macht in dieser Angelegenheit, sollte auch das Recht haben, bei dem Mann genau nachzufragen, der so unbedingt in die Wüste geschickt werden sollte. Da Stadtspitze und Verwaltungsleitung nicht in der Lage gewesen seinen, ein faires Verfahren zu gewährleisten, hege er „starke Zweifel“ an der Rechtmässigkeit dieser Kündigung. Wie nervös die Klinikleitung sei, zeige sich schon daran, dass sie am vorvergangenen Freitag, kurz nach dem umstrittenen Rausschmiss des Chefarztes, die Türschlösser zu dessen Diensträumen auswechseln liess.

Wer schliesst sich Wiedemann an?

Da sich die Klinikleitung bis heute darauf beschränke, alt bekannte Standpunkte zu wiederholen statt auf die Kernfragen einzugehen, so sagt Wiedemann, sei die Zeit gekommen, die Kommunalaufsicht einzuschalten, um „weitere Willkür“ zu vermeiden. Er könne sich „gut vorstellen“, sagt Wiedemann weiter, dass sich ihm einige Mitglieder des Stadtparlaments anschlössen, wenn er sich nun mit seinem Prüfungsersuchen an die Kommunalaufsicht beim Regierungspräsidium wende.




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3 Kommentare

  1. 1. GJM

    Na endlich! So kann es ja auch nicht weitergehen, was der Rambo-Bürgermeister Boldt in den letzten Jahren personell so angerichtet hat. Wenn man Schlösser auswechselt, unterstellt man dem Entlassenen kriminelle Taten. Wer verantwortet eigentlich die teueren Rechtskosten, die bisher schon bei erfolglosen Rauswürfen entstanden sind?

  2. 2. Greis

    Das ist ja das Problem: Entweder der Steuerzahler oder die Versicherung (früher Badische Gemeindeversicherung), aber niemals der Beamte/Verursacher selbst. Mit fremdem Geld wird da oft recht leichtfertig umgegangen. Man erinnere sich: Bei der Affäre um die Bodensee-Arena wurden dem damaligen Aufsichtsrat, Bürgermeister Maas, Versäumnisse nachgewiesen; bezahlt hat die Versicherung!

  3. 3. GJM

    Problemlösung?
    Das Kontrollorgan ist der Gemeinderat - aber der wurde ja von der Mehrheit der Konstanzer Bürger gewählt. Eine Problemlösung wäre, diverse Mandatsträger möglich bald auszuwechseln, denn ob Maas oder Boldt, wenn das Kontrollorgan versagt, kommt danach auch nichts gescheites und die Probleme bleiben.

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