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30. Mai 2011 | „Strukturreform“ sorgt für Enttäuschung

Katastrophenstimmung in der Volkshochschule

Konstanz/Singen (gro) Was offizielle Stellen neuerdings als „Strukturreform“ feiern, wird in weiten Teilen der Volkshochschule (vhs) Konstanz-Singen als Katastrophe empfunden. Nach wie vor, so heisst es aus den Reihen der Dozenten, fehle es an Kommunikation und Transparenz. Die Bezüge der Dozentenschaft seien seit 10 Jahren unverändert, die Forderung nach einer Anpassung an die gestiegenen Lebenshaltungskosten sei unberücksichtigt geblieben. De facto seien die aktuellen Bezüge sogar reduziert worden; so seien die Fahrtkosten zu Aussenstellen unlängst auf 0,8 Cent pro Kilometer um 50 Prozent reduziert worden, und angekündigt sei, dass solche Kosten ab 2012 gar nicht mehr erstattet werden. Enttäuschung bis Entsetzen hat in der Dozentenschaft die Neuformierung der Schulleitung ausgelöst.

Ausgerechnet Hauptamtsleiter Günther Lieby

Als besonders „heftig“ wird von weiten Teilen der Dozentenschaft empfunden, dass ausgerechnet Günther Lieby, der Hauptamtsleiter des Landratsamts, ab sofort eine Schlüsselstellung einnimmt. Lieby, so heisst es in einer Mitteilung der Kreisverwaltung, fungiere nun als „Bindeglied“ zwischen den Trägergremien der vhs (Landkreis, Konstanz, Singen und Konstanz) und dem „hauptamtlichen Vorstand“ der vhs, bestehend aus Nikola Ferling, der früheren Leiterin der Aussenstelle Stockach, und Dorothee Jakobs-Krahnen aus Konstanz. Wobei anzumerken ist, dass Ferling und Jakobs-Krahnen die vhs bereits seit seit fünf Monaten kommisarisch leiten. Dabei sei es gerade Lieby gewesen, der Forderungen nach einer verbesserten Vergütung der Dozentenschaft damit zurück gewiesen habe, dass es genügend Mitbewerber gebe, falls sich eine Dozentin oder ein Dozent „zurückziehen“ wolle.

Wenn öffentliche Arbeitgeber Sozialabgaben sparen

Die vhs - und keineswegs nur die im Kreis Konstanz - leidet bis heute an einer strukturellen Unzulänglichkeit, die sich über Jahrzehnte hinweg in dieses öffentlich geförderte System der Erwachsenenbildung eingeschlichen und darin institutionell verfestigt hat: Ein sehr grosser Teil der Lehrkräfte ist nicht korrekt beschäftigt. Viele Dozentinnen und Dozenten sind als so genannte Scheinselbständige (abhängig) verpflichtet. Die vhs spart sich dadurch, wie etliche andere solcher oder ähnlicher Arbeitgeber(innen), verkürzt gesagt, eine Menge Sozialabgaben (vor allem für Krankenkasse, Renten- und Arbeitslosenversicherung).

Private Arbeitgeber beklagen „Ungleichbehandlung“

Private Arbeitgeber beklagen seit langem eine „eklatante Ungleichbehandlung“: Während vor allem Finanzbehörden seit Jahren gegen unkorrekte Beschäftigungsverhältnissse vorgingen, würden öffentliche Arbeitgeber wie Volkshochschulen, Theater- und Opernhäuser, Musikschulken oder Museen, allerdings auch viele private Medienunternehmen, von entsprechenden Überprüfungen weitgehend verschont. Hinzu komme die Grauzone häufig irregulär ausufernder Tätigkeiten, die als so genannte Praktika zu schwer abschätzbaren, ungesicherten Arbeitsverhältnissen führen.

Eine unerlaubte Verquickung

Als juristische Mangelerscheinung kam bei der vhs hinzu, dass bis vor etwa einem Jahr die Vorstandschaft der vhs (aus Landrat Hämmerle und den zuständigen Bürgermeistern der Städte Konstanz, Singen und Stockach) identisch war mit der Trägerschaft der vhs - und gleichzeitig mit dem Kontrollorgan der Mitglieder(-Versammlung). Ein früherer Kämmerer der Landkreisverwaltung - und nicht nur er - hatte diese unzulängliche wie unerlaubte Verquickung beanstandet. Als neuerliche unerlaubte, auf alle Fälle ungerechte Regelung kommt hinzu, dass grundsätzlich alle Dozentinnen und Dozentinnen ihre Vergütung erst am Ende des Semesters erhalten - während den teilnehmenden Studierenden die Gebühren von der vhs zum Beginn der Kurse abverlangt werden.

„Wir fürchten um die Zukunft der vhs Konstanz-Singen“

Wie in hunderten anderer Volkshochschulen hatten die Versuche und Bemühungen, die Basis dieser Erwachsenenbildungseinrichtung juristisch einwandfrei umzugestalten, zu internen Diskussionen und Konflikten geführt. In Konstanz endeten sie, unter der Oberhoheit von Günther Lieby, der von Landrat Frank Hämmerle als persönlich beauftragter Bevollmächtigter ins Feld geschickt wurde, in einem atmosphärischen Desaster. Die Dozentenschaft, die sich bis vor kurzem angesichts einer „hohen Fluktuation“ und einer „chronischen Unterfinanzierung“ der vhs um eine Aussprache mit der Direktion bemüht hatte, fürchtet nach “frustrierenden Gesprächen” nun ernsthaft um die Zukunft der Volkshochschule Konstanz-Singen.




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