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23. August 2011 | Heute Gedenken an Shimon Nissenbaum

Der Mann, der das Stammland der Juden zurückeroberte

Konstanz (gro) Freunde und Weggefährten von nah und fern, aus Konstanz und aus aller Welt, bis aus New York und Jerusalem, treffen sich heute am Grab von Shimon Nissenbaum. Gemeinsam gedenken sie, mit dessen Familie, eines Mannes, der sich um das Judentum verdient gemacht hat wie kaum ein anderer. Shimon Nissenbaum, den es nach dem Krieg 1945 an den Bodensee verschlug, gründete die Jüdische Gesamtgemeine Konstanz-Freiburg, die er bis 1988 selber leitete. Vor allem aber schaffte er es, mit seiner Familienstiftung, das Stammland der europäischen Juden zurückzuerobern. Dass es heute in Polen wieder jüdisches Leben gibt, ist die herausragende Lebensleistung Shimon Nissenbaums.

Hunderttausende von Grabstellen rekultiviert

Dutzende Gemeindezentren und Hunderte von Friedhöfen mit Hundertausenden von eingeebneten Grabstellen hat Shimon Nissenbaum seit der Gründung seiner Stiftung 1983 bis zu seinem Tode im Jahre 2001 vor allem in Polen rekultiviert und damit nicht einfach nur dem Vergessen entrissen. Um die Bedeutung dieses schier übermenschlichen Projektes zu ermessen, muss man sich vor Augen halten, dass der Mensch nach jüdischem Glauben sein Grab bis zum Jüngsten Tag zu behalten hat – andernfalls, bei Störung der Grabesruhe, findet die Seele keine Ruhe so lange die Erde existiert. Die Erkenntnis, dass die Rekultivierung der Gräber in Polen besonders bedeutend ist, erschliesst sich daraus, dass gut 80 Prozent der heute in der westlichen Welt lebenden Juden ihre Wurzeln in Polen, dem Stammland des europäischen Judentums haben.

Gemeinsamer Auftritt mit Edward Kennedy in Warschau

Shimon Nissenbaum wurde durch sein Stiftungsprojekt im besten Sinne des Wortes zum Seelsorger des modernen Judentums. Dass er es verstand, mit kreativen Geschäftsideen einen grossen Teil der dafür nötigen Finanzmittel zu generieren, brachte ihm zusätzliche, weltweite Anerkennung ein, nicht zuletzt in den USA, wo viele Menschen jüdischen Glaubens vor dem Naziterror während des Dritten Reiches Zuflucht gefunden hatten. Bildhaftes Zeugnis dafür ist der gemeinsame Auftritt Shimon Nissenbaums und Edward Kennedys 1988 in Warschau bei der Einweihung des Denkmals zu Ehren der jüdischen Kämpfer, die sich 1943 beim Aufstand im Warschauer Ghetto der Übermacht der deutschen Besatzung entgegen geworfen hatten.



Als 17-jähriger Junge beim Aufstand im Warschauer Ghetto

Shimon Nissenbaum gehörte 1943, als 17-jähriger Junge, selber zu den Kämpfern, als der Aufstand im Warschauer Ghetto losbrach. Nach dessen Niederschlagung geriet Nissenbaum zum dritten Mal in die Fänge der deutschen SS, die ihn zusammen mit seiner Mutter ins Vernichtungslager Treblinka verbrachte, wo Vater und Bruder zur Zwangsarbeit abgesondert wurden und wo er seine Mutter für immer aus den Augen verlor. Shimon Nissenbaums Glück war eine gute Konstitution. Als auszubeutende Arbeitskraft durchlief er mehrere Arbeitslager, bevor ihm gegen Kriegsende bei Offenburg die Flucht aus einem Transportzug gelang, der von Kampffliegern der Alliierten beschossen wurde.

Die Gedenkfeier auf dem Jüdischen Friedhof beginnt um 14.30 Uhr.



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