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27. Oktober 2012 | Quartierszentrum mit anhaltenden Verlusten

Das hochelegante Millionenloch an der Luisenstrasse

Konstanz (gro) Das einem japanischen Teehaus nachempfundene „Entree“ zwischen Luisenstrasse und den neuen Mehrzweckgebäuden der Spitalstiftung im Umfeld von Klinikum und Herzzentrum ist das mit Abstand eleganteste Verlustloch der Stadt. Das „Entree“, ein nobel wirkendes Restaurant mit wunderschönem Aussenbereich, bildet das Herzstück des vor vier Jahren geschaffenen „Quartierszentrums“. Es gehört der Spitalstiftung, und schon im Eröffnungsjahr 2008 belief sich der Verlust auf fast 260.000 Euro. Doch das war kein Anlaufpech. Die Verluste stiegen 2009 auf über 316.00 Euro, 2010 auf über 335.000 und 2011 auf fast 335.000 Euro. Macht zusammen etwa 1,3 Millionen Euro. Jetzt endlich soll die Immobilie verpachtet werden. Branchenkenner fragen sich, warum damit so lange gewartet wurde.

Rechnungsprüfer: „Dringender Handlungsbedarf“

Angesichts der anhaltenden Verluste sieht das städtische Rechnungsprüfungsamt in Sachen Quartierszentrum „dringenden Handlungsbedarf“. Der Krankenhausausschuss des Gemeinderats habe das Thema denn auch diese Woche „intensiv diskutiert“, heisst es in einer Verlautbarung der Stadtverwaltung vom Freitag. Zahlen werden nicht genannt, der Ausschuss tagt grundsätzlich nicht öffentlich. Das Gremium beschloss, das Quartierszentrum „als wichtigen Veranstaltungsort“ zu erhalten, der sich „möglichst ohne finanzielle Zuschüsse der Spitalstiftung“ zu behaupten haben wird.


„Ein normaler Gastronom wäre wegen Konkursverschleppung dran“

Konstanzer Gastronomen, die von dem Verlustloch an der Luisenstrasse erfuhren, können sich „nur wundern“. Spätestens nach zwei Jahren „wäre ich bei solchen Ergebnissen dran wegen Konkursverschleppung“, sagte ein Petershauser Wirt zum Wochenende. Doch bei der Spitalverwaltung gibt es in diesem Falle gar kein Konkursgeschehen. Denn die anfallenden Verluste werden sozusagen routinemässig durch Zuschüsse ausgeglichen. Erst die Mahnungen der städtschen Rechnungsprüfer stoppen nun diese Finanzpolitik.

Aufwendungen dauerhaft viel höher als Erträge

Angesichts der Tatsache, dass die Aufwendungen fürs „Quartierszentrum“ von Beginn an weit über den Erträgen lagen, fragen sich nicht nur diplomierte Kaufleute, warum nicht wesentlich früher eingegriffen wurde, um das offensichtlich untaugliche Konzept zu korrigieren. In Zahlen sieht das so aus: Im ersten Jahr (2008) standen Erträgen in Höhe von 31.300 Euro Aufwendungen von fast 290.000 Euro gegenüber. Im zweiten Jahr (2009) stiegen zwar die Erträge auf 290.000 Euro, die Kosten aber auf über 605.700 Euro. Im dritten Jahr gab es erneut einen ungleichen Doppelschub: Die Erträge summierten sich auf fast 400.000 Euro, die Kosten auf über 730.000 Euro und im vergangenen Jahr standen Erträgen in Höhe von 407.000 Euro Kosten von über 760.000 Euro gegenüber.


Der Ruf nach besserer Kontrolle wird lauter

Die Spitalstiftung hat eine eigene Finanzabteilung, auch das Klinikum ist mit entsprechenden Fachleuten ausgestattet. Doch offensichtlich versage das Controling, sodass sich quasi inmitten der Spitalstiftung innerhalb von wenigen Jahren in Einzelbereichen Verluste aufhäufen könnten, die in die Millionen gehen, heisst es in kommunalpolitisch interessierten Kreisen. Es sei kein Wunder, dass der Ruf nach einem funktionierenden Kontrollsystem immer lauter werde. Gemessen an den Verlusten des „Quartierszentrums“ (mit einem Umsatz von deutlich weniger als 0,5 Millionen Euro) sei das bei der Philharmonie (Umsatz 4 Millionen Euro) aufgelaufene Minus in Höhe von rund 600.000 Euro vergleichsweise „ein Klacks“. Trotzdem werde in Sachen Philharmonie seit Monaten ein „regelrechtes Kesseltreiben“ veranstaltet, bei dem sich nicht zuletzt die Heimatzeitung hervor tue. Bild: Erich Gopper



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5 Kommentare

  1. 1. Kultur

    Danke Herr Boldt, noch ein Loch unter Ihrer BM-Verantwortung.

  2. 2. Lieschen Mueller

    Leider kann jeder unzensiert im Internet völlig ungenügend recherchierte Artikel veröffentlichen, wie man hier wieder sieht.
    Und wer das Versagen beim Controlling sieht hat eindeutig keine Ahnung.

  3. 3. metapha

    Lieber “Zensor Lieschen Müller”
    Ebenso kann jeder völlig ungenügende und unzensierte Gegenbehauptungen im Internet aufstellen. Aber Sie könnten uns ja gerne zu mehr “Ahnung” verhelfen, indem Sie etwas konkreter werden. Die Fakten liegen auf dem Tisch und wurden nicht vom Berichterstatter erfunden. Das Controlling - wie immer auch gelagert - hat doch eine klare Aufgabe und ist kein losgelöster “Eigenbetrieb”. Seine originäre Aufgabe besteht doch nicht zuletzt in der Steuerung der Unternehmensprozesse. Allein das Führen der Bezeichnung Controlling zu Zertifizierungszwecken genügt dafür aber nicht.

  4. 4. Egli

    Ich kann jedenfalls berichten, wie die Spitalstiftungsverwaltung versucht ihre Erlöse zu erhöhen. Seit etwa zwei Wochen werden grossflächig die Pflegestufen der Altenheimbewohner in allen Senioreneinrichtungen der Spitalstiftung
    erhöht, beziehungsweise die Anträge dazu gestellt. Mehr Pflegepersonal wird natürlich nicht eingestellt, macht etwa 500,- € mehr pro Bewohner und Monat. Das Personl sei zu
    teuer, laut Aussage von Frau Rath. So versorgen zwei Mitarbeiter 20 Bewohner,
    am Wochenende oder im Krankheitsfall muss manchmal ein Mitarbeiter reichen!

  5. 5. der_oertliche

    Angesichts der immensen Schulden des Quartierszentrum kann man als hiesiger Selbstständiger ohne Spitalstiftungs-Hintergrund schon ungläubig den Kopf schütteln, wenn man nur allein die Kunst im Garten des Quartierszentrum sieht.
    Aber man hört vor allem von einem Pächter, der sich wie ein Sonnenkönig aufführte mit eigenwilligen Führungsqualitäten. Und dass die Stiftung einen Weinbaubetrieb führt, ist ja bekannt. Aber dass im Quartierszentrum das größte Whiskydepot am See sein soll, überrascht doch. Der wird bei der Aufarbeitung des Defizits wohl auch nötig sein.

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