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18. September 2014 | Schottlands Andreaskreuz leuchtet auf Konstanz

Himmlische Werbung weiss und blau hoch überm Bodensee

Konstanz (gro) Wenn das kein Zeichen ist! Hoch vom Himmel leuchtete gestern immer wieder das Andreas-Kreuz, Kenn- und Wahrzeichen Schottlands. Produziert wurde das weiss-blaue Bild der Nationalflagge von Flugzeugen auf der grossen, internationalen Luftverkehrsmagistrale über dem Bodensee. In knapp 10.000 Meter kreuzen sich internationale Linien, und kundige Beobachter denken in diesen Tagen bei solchen Luftbildern an schottische (oder schottisch-freundliche) Piloten, die da oben für ein Land Reklame machen, das selbständig werden will. Heute fällt die Entscheidung: Von 7 bis 22 Uhr (Ortszeit) läuft die Abstimmung zum Referendum, das eine Abspaltung Schottlands vom Vereinigten Königreich möglich macht.

Eine der ältesten Flaggen der Welt

Der Sage nach erschien das aus Wolken geformte, so genannte Andreas-Kreuz im Jahre 832 hoch über dem klaren Himmel der Highlands, und zwar an dem Morgen, an dem König Angus seine Kämpfer gegen zahlenmässig übermächtige Angelsachsen in die Schlacht führte. In der Nacht zuvor, nachdem der König um höheren Beistand gebetet hatte, war ihm der heilige Andreas, der als Märtyrer an ein diagonal geformtes Kreuz (daher der Name Andreas-Kreuz) geschlagen worden war, im Traum erschienen und hatte ihm den Sieg gegen den Feind aus dem Süden versprochen. Nach dem tatsächlich errungen Sieg wurde das weisse, flache Kreuz auf blauem Grund zur Flagge Schottlands und sie ist heute eine der ältesten Flaggen der Welt.

Da schlägt das Herz sofort höher

Liebhabern Schottlands schlägt das Herz gewöhnlich sofort höher, wenn sie die Flagge, und sei es in Konstanz, erblicken. Viele sehen in ihrer Klarheit ein überzeugendes Statement für den Stolz der schottischen Nation, die sich niemals unterkriegen lässt. Und nach 300 Jahren Zugehörigkeit zum Vereinigten Königreich sei es nun auch für Schottland an der Zeit, von London etwas mehr Abstand zu nehmen. Da dies auch mit grossen Nachteilen verbunden wäre, ist Schottland gespalten. Die letzten Umfragen sagen ein Kopf-an-Kopf-Rennen voraus. Darum gilt: Auch wenn heute das Andreas-Kreuz noch so oft vom Himmel leuchtet – ein Sieg der schottischen Separatisten ist keineswegs gewiss.

Die Stadt St. Andrews an der Ostküste Schottlands

Wie ernst man in Schottland den Beistand des heiligen Andreas nimmt, zeigt sich daran, dass die Stadt St. Andrews an der Ostküste des Landes nach dem Apostel benannt ist; nach St. Andrews hatte man einst einen Teil der Gebeine des Heiligen verbracht. Das ist umstritten, kein Wunder, denn für die griechisch-orthodoxe Kirche hat der Apostel Andreas eine ähnlich heraus ragende Bedeutung wie Petrus für die römisch-katholische Kirche (Petrus und Andreas waren Brüder). Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass das frühere Konstantinopel, das heutige Istanbul, zunächst die Heimat der sterblichen Überreste von Andreas wurde, bevor sie vor dem Zugriff der Türken gerettet und weiter nach Norden gebracht wurden. Andreas‘ Reliquien sind heute verstreut über Europa. Sie werden in Rom, Amalfi (Italien), Köln und in – Edinburgh aufbewahrt, der Hauptstadt Schottlands (in der St. Mary’s Cathedral), wohin sie nach einer Kirchenplünderung in St.Andrews gelangten.

Andreas-Kreuz für Schotten,Türken, Russen und Rumänen

Ergänzend muss angemerkt werden, dass der römische, aus dem Südwesten Deutschlands stammende Kardinal Augustin Bea das Haupt des Apostels Andreas, der von den griechisch-orthodoxen Christen bis heute als der Patron Kleinasiens verehrt wird, 1964 im Rahmen des auf Versöhnung ausgerichteten. Zweiten Vatikanischen Konzils aus der Obhut der römisch-katholischen Kirche dem Metropoliten Konstantin von Patras feierlich übergeben hat. Zudem ist Andreas nicht nur der Nationalheilige Schottlands und Russlands, sondern auch Rumäniens. Und Bartholomäus I., der heutige Erzbischof von Konstantinopel, gilt als 270. Nachfolger des Apostels Andreas. Aus alledem kann man das Fazit ziehen, dass das Andreas-Kreuz hoch vom Himmel über Konstanz nicht nur für Schottland und Schotten leuchtet, sondern auch für Rumänen und Russen und für zahlreiche Türken, die rund um den See zumindest vorübergehend zu Hause sind – eine Erscheinung unserer Zeit, der viel zitierten Zeit der Globalisierung, auch wenn sie sich einmal auf eine ganz andere Art und Weise und dazu auch noch weiss und blau am Himmel zeigt.

Bild: Frieder Schindele




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