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15. Dezember 2015 | Offener Brief der Waldfreunde

Ein Schlag ins Kontor der Konstanzer Kommunalpolitik

Konstanz (gro) Mit einem Brandbrief verwahrt sich eine neu gegründete Bürgerinitiative gegen die drohende Rodung des Schwaketenwaldes. Der Offene Brief richtet sich an den Oberbürgermeister und an die Fraktionen des Gemeinderats. Das Schreiben ist ein Schlag ins Kontor der Konstanzer Kommunalpolitik. Am kommenden Donnerstag steht das Thema auf der Tagesordnung der letzten Gemeinderatssitzung des Jahres. Ins Gespräch gebracht hatte die Rodung des Gemeindewaldes OB Uli Burchardt im vergangenen September. Eine Begehung des Schwaketenwaldes (unser Bild) wurde zu einer eindrucksvollen Demonstration der Konstanzer Waldfreunde.

Satte Mehrheit des Gemeinderates

Mit Ausnahme der Freien Grünen Liste (FGL) und der Linken Liste Konstanz (LLK) hat sich der Gemeinderat bereits dafür entschieden, eine Rodung des Schwaketenwaldes zugunsten eines neuen Wohngebietes zumindest in Erwägung zu ziehen. SPD, CDU, Freie Wähler und das Junge Forum sehen darin eine Möglichkeit mit dem Handlungsprogramm Wohnen besser voranzukommen. Die Bürgerinitiative sieht in dem Vorhaben die „drohende Vernichtung von Lebensqualität“, unvereinbar mit dem von Stadt und Gemeinderat 2008 verabschiedeten Leitbild für die Stadtentwicklung von Konstanz.

Weil‘s mit dem „Handlungsprogramm Wohnen“ nicht voran geht

Bei der Bürgerinitiative ist man der Meinung, dass Uli Burchardt den stark gestiegenen Zustrom von Flüchtlingen aus dem Nahen Osten nutzte, um seinerzeit, im September, für eine teilweise Rodung des Schwaketenwaldes Stimmung zu machen. Auch deshalb, weil man mit der Entwicklung des Baugebiets Hafner in Wollmatingen nicht voran komme. Beides behindere das „Handlungsprogramm Wohnen“, mit dem auch dringendst nötige, preisgünstige Behausungen für Familien entstehen sollen.

„Jahrelange Versäumnisse“

Bei der Bürgerinitiative weist man darauf hin, dass es die „dafür Verantwortlichen über viele Jahre versäumt haben, für ausreichend bezahlbaren Wohnraum zu sorgen“. Die jetzt propagierte Form der Stadtentwicklung sei nicht durchdacht und gemahne an eine „plumpe, an Konzepten des vorigen Jahrhunderts orientierte Vorgehensweise“, kritisiert die Bürgerinitiative. Tatsächlich wird im 2008 vom Gemeinderat verabschiedeten und bis heute gültigen Leitbild zur Stadtentwicklung „ein schonender Umgang mit Boden, Natur und Landschaft und der Erhalt der biologischen Vielfalt als Grundlage der menschlichen Existenz“ gefordert. Währenddessen übe sich die Stadtverwaltung in einer als fragwürdig empfundenen Planungspolitik.

„Die Stadt als Spekulantin“

Es seien weniger die Umstände, als vielmehr die Absicht der Stadtverwaltung, als Spekulantin aufzutreten, wenn es darum gehe, ein Baugebiet zusammen zu stellen, um das vorbestimmte Bebauungsprogramm zu verwirklichen. Die Stadt handle dabei als typische Spekulantin, „weil sie zum Beispiel den Grundbesitzern im Hafner Preise unterhalb des (Markt-)Wertes“ biete, um den Gewinn (aus dem Handel) mit dem Bauland selbst zu machen. Wenn es damit nicht klappe. sei dies noch lange kein Grund dafür, einen Teil des Stadtwaldes abzuholzen.

Von wegen Transparenz

Auch das aktuelle Vorgehen der Stadtverwaltung hält die Bürgerinitiative für spekulativ. Zum einen sei auf der Verwaltungsvorlage für die Gemeinderatssitzung am Donnerstag vermerkt, eine Abstimmung über die allfällige Entwicklung eines Baugebiets im Bereich des Schwaketenwaldes sei aus planungsrechtlichen Gründen nicht möglich. Andererseits werde trotzdem vorgeschlagen, über die Verwendung des Stadtwaldgebiets gemäss einem Antrag der SPD-Fraktion vom 9. November, je nach dem „Ausgang der Diskussion“ zu entscheiden. Ein ehemaliger Stadtrat sagt dazu: „Undurchsichtiger geht’s kaum.“

Stadtverwaltung einschlägig vorbelastet

Die Rodung von Buchen und Eichen, wie sie im Schwaketenwald wachsen, passt nicht in Zeiten, da selbst in Kindergärten und Grundschulen für den Erwerb von einzelnen Quadratmetern Regenwald Groschen gesammelt werden. Ganz abgesehen davon, dass unsere aktuelle Gegenwart von einer Welt geprägt ist, die sich unter grössten Mühen zusammenrauft, um drohende Klimakatastrophen in den Griff zu bekommen. Hinzu kommt die noch frische Erinnerung an die Fällaktion im schweizerischen Tägermoos, wo auf Anweisung der Konstanzer Verwaltungsspitze im vergangenen Februar eine halbe Allee von prächtigen, kerngesunden Pappeln niedergemacht wurde. Sowohl der Oberbürgermeister als auch einige seiner Mitregenten sind demnach in Sachen Baum- und Waldfrevel nachhaltig und einschlägig vorbelastet. In einen Rechtsstreit, den die Bürgerinitiative für den Erhalt des Schwaketenwald bereits vorsorglich ankündigt, dürften nicht nur Wiederholungstäter, sondern auch zahlreiche Mitglieder des Gemeinderats hineingezogen werden.

Jürgen Waideles „Vorschlag zur Güte“

Bald ist Weihnachten, und angesichts des allerliebsten Festes in deutschen Landen mochte der wohl bekannteste Musikus der Stadt nicht ohne Meinung bleiben. Lange Minuten war Jürgen Waidele, ganz gegen seine Natur, ruhig, ja geradezu seltsam still geblieben, als man an einem Konstanzer Stammtisch in der Niederburg zum Thema Stadtentwicklung diskutierte. Dann brach es doch aus ihm heraus: „Mann oh Mann, ich hab‘ den Vorschlag zur Güte: Lasst den Uli Burchardt doch irgendwo noch ein paar Bäume umsägen. Wenn er dann Ruhe gibt, erlauben wir ihm dafür seine Seilbahn!“.

Petition von Initiatoren:
www.petitionen24.com/hande_weg_von_unserem_wald

Sprecher der Bürgerinitative für den Erhalt des Schwaketenwaldes und Verfasser des Offenen Briefes sind Daniela Göpfrich und Robert Küssel. Der BUND Konstanz (Sprecher Karl-Ulrich Schaible) und der NABU Konstanz (Sprecher Eberhard Klein) unterstützen die Bürgerinitiative.

Bild: Frieder Schindele




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Ein Kommentar

  1. 1. christoph bauer

    Es ist nachvollziehbar, dass Bund und Nabu reflexhaft reagieren, wenn das Wort Rodung im Raum steht.
    Es ist menschlich, wenn Anwohner genau hinschauen, wenn vor ihrer Haustüre ein neues Quartier entstehen könnte.
    Ganz und gar falsch ist es allerdings, über Stadtentwicklung, in unserer Zeit, nicht mehr neu und öffentlich nachdenken zu dürfen.
    Noch ist es nicht Zeit Wälder zu roden, aber schon längst Zeit, über ein neues Leitbild für die Stadtentwicklung von Konstanz nachzudenken. Sowohl die Äußerung von Uli Burchardt, als auch der Antrag der SPD Fraktion sind mutige und wichtige Denkanstöße in diesen Prozess.
    Ideologien, Egoismen und andere persönliche Befindlichkeiten, verhindern eine intelligente, engagierte und offene Diskussion über Stadtentwicklung.

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