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2. März 2016 | Zaghafte Stadtverwaltung

Homöopathische Dosis für den besseren Radverkehr

Konstanz (gro) Seit Jahren rühmen sich Stadtverwaltung und Gemeinderat der Förderung des umweltfreundlichen Radverkehrs. Das in mehr oder weniger regelmässigen Abständen wiederkehrende Selbstlob ist unberechtigt. Das beweist auch die Vorlage zur Sitzung des Technischen Ausschusses am Donnerstag dieser Woche. Darin steht zwar, in den kommenden 10 Jahren sollten bis zu 23 Millionen Euro ausgegeben werden sollen, um die Verkehrssituation für Radfahrer zu verbessern. Wie zaghaft das „Handlungsprogramm Radverkehr“ tatsächlich angegangen wird, zeigt die Tatsache, dass dieses Jahr, an ersten und auch noch ausserplanmässigen Mitteln, lediglich der homöopathisch anmutende Betrag von 155.000 Euro vorgesehen ist: gerade einmal 0,67 Prozent der eventuellen Gesamtinvestition.

Konstanz lässt die Räder im Regen stehen

Es mag ja sein, dass es Radfahrer in manchen vergleichbaren Städten noch schwerer (und gefährlicher) haben als in Konstanz. Aber das ist keine Entschuldigung. Schliesslich ist Konstanz zusammengebaut mit einer Schweizer Stadt. Und in Kreuzlingen sind zum Beispiel alle Radwege entlang einer Strassenunterführung nur halb so tief hinab geführt wie die Fahrbahnen für motorisierte Fahrzeuge. Ausserdem sind Fahrradabstellplätze grundsätzlich überdacht, sei es vor dem Coop-Center, am Hauptbahnhof (mit Hunderten von Abstellplätzen), vor dem Postamt oder am Hafenbahnhof.

Am Konstanzer Hauptbahnhof sind nur jene Abstellplätze gegen Regen geschützt, die sich am südlichen Ende der Bahnhofsanlage befinden, im Bereich des früheren (Konstanzer) Schweizerbahnhofs. Das Lago lässt Fahrräder (inklusive der Androhung feindlicher Entfernung) ebenso im Regen stehen wie das Kaufhaus Karstadt oder die Sparkasse Bodensee. Das gilt im Übrigen für die ganze Stadt, sei es am Konzil, am Theater oder am Landratsamt. Lediglich im alten Rathaus an der Kanzleistrasse gibt es in der Eingangshalle wenigstens eine Handvoll überdachte Fahrradabstellplätze. Konstanz ist fraglos keineswegs fahrradfreundlich.

Mühsam und gefährlich

Entlang der Seestrasse ist vor 20 Jahren ein Fahrradweg angelegt worden, der damals eine halbe Million Mark gekostet hat (was heute ungefähr 500.000 Euro wären). Es war die Luxus-Ausgabe für eine Luxus-Strecke. Denn daneben verläuft eine breite Fussgängerzone. Ganz anders sieht es aus in der Konzilstrasse, wo sich Fahrradfahrer im Gegenverkehr auf einer teilweise extrem schmalen Strecke zwischen dichtem Autoverkehr und einem Fussgängerweg bewegen müssen. Hinzu kommen im Bereich der alten Rheinbrücke beschwerliche Auf- und Abfahrten über steile Spindeln.

Mietsysteme, die längst erprobt sind

Im nahen Zürich kann man (am Bellevue) ein komfortables Fahrrad seit vielen Jahren für wenig Geld mieten, um die Stadt zu erkunden. Natürlich auch in zahlreichen anderen Städten, sei es in Mailand oder etwa in Lodi, der italienischen Partnerstadt von Konstanz. Raffinierte Konzepte sind dafür entwickelt worden. Es ist inzwischen einfach, sich so ein Rad schon von zu Hause aus zu reservieren. Mal sehen, ob Konstanz endlich damit beginnt, sich einzureihen in praktische Systeme, die sich längst bewährt haben.

Bild: Frieder Schindele




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