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9. Mai 2016 | Neue Arbeiten Daniel Spoerris bei Geiger

Deftiges aus der Waschrumpelserie und gestickte Sprüche

Konstanz (gro) Konstanz kommt, und das ist eine Kunstsensation, erneut in den Genuss aktueller, noch nie gezeigter Arbeiten von Daniel Spoerri. Der Weltmeister der Assemblage zeigt in der Galerie Geiger am Fischmarkt grossartig nachempfundene, scheinbare Fundstücke aus Grossmutters Wäschekammer. Darunter sind gefranste Tücher mit schrägen Sinnsprüchen, mit buntem Seidengarn aufgestickt in altdeutsch österreichisch-ungarischer (also Habsburger) Manier. Oder aber so deftige Schoker wie “Die Stielaugen aus Spoerris “Waschrumpel”-Serie. Das wirkt zumindest teilweise wie eine Hommage auf den aktuellen Hauptwohnort des Mannes, der mit seinen 86 Jahren zu den produktivsten Künstlern unserer Zeit gehört.


Einst Erster Tänzer im Ballett des Berner Theaters

Spoerri, der Ende März 1930 als Daniel Isaac Feinstein im Rumänischen Galati geboren wurde, begann seine künstlerishe Karrire als Erster Tänzer 1954 am Theater Bern, hatte damals aber schon Jean Tinguely kennengelernt und kam dann in Paris mit Künstlern wie Marcel Duchamp und Man Ray in freundschaftliche Berührung. Die Ausstellung am Fischmarkt, die am Samstag ihre Vernissage hatte, ist seit Dienstag (ausser Sonntag und Montag) jeden Nachmittag bis 18 Uhr (Samstag bis 17 Uhr) bei freiem Eintritt zu besichtigen.


Spoerris sechste Einzelausstellung bei Geiger in Konstanz

Spoerri hat bei Geiger am Fischmarkt seine sechste Einzelausstellung. Und es ist nicht die erste, die exklusiv mit neuen Arbeiten aufwartet. Schon einmal hat es so etwas wie eine doppelte Vernissage gegeben, damals, im Jahre 2002, als Assemblagen gezeigt wurden, denen Spoerri Blätter eines medizinischen Lexikons zu Grunde legte, das er auf dem Pariser Flohmarkt hinter der Porte Clignancourt gefunden hatte. Dass den Konstanzern derart viel exklusive Weltkunst zuteil wird, liegt an Stephan Geiger, dem Juniorchef der Galerie, der über die Kunst der Assemblage promoviert hat und dabei in eine enge Verbindung mit Spoerri geraten ist.


Bei Wien erneut heimisch geworden

Spoerri, ein ruheloser Geist, der 1961 seine erste Einzelausstellung in Mailand hatte, feierte seinen richtungsweisenden Grosserfolg wenig später, als seine Arbeit „Kichkas Frühstück“ im New Yorker Museum of Modern Art (MOMA) gezeigt und vom MOMA angekauft wurde. Zu einem weiteren, frühen Meilenstein gehört ferner „Dylaby“, eine Ausstellung zusammen mit Rauschenberg, Tinguely und Nicki Saint Phalle 1962 im Amsterdamer Stedeljik-Museum. Ein ganz spezielles Restaurant in Düsseldorf, seine „Eat Art“, seine „Fallenbilder”, eine Professur in München, ein Skulpturengarten in der Toskana und eine Restrospektive im Centre Pompidou festigten den Ruf Spoerris als Ausnahmekünstler, bevor er sich 2007 erneut in Richtung Wien orientierte (wo er eine Zeitlang eine Gastprofessur innehatte). In Hadersdorf am Kamp erwarb Spoerri zwei alte Häuser, eröffnete wieder einmal ein sehr spezielles Restaurant und erklärte das andere Haus zum „Kunststauraum“. Nebenher gründete er eine Kunststiftung für Niederössterreich, der er als finanziellen Grundstock Werke im Schätzwert von 3,5 Millionen Euro übereignete.


Soll am Ende besser doch noch nachgedacht werden?

Mit seinen neuesten Arbeiten, so dürfte Spoerris aktuelles künstlerisches Statement auf den einen oder anderen Betrachter wirken, will der Künstler anscheinend doch noch letzte Fragen angehen. Auch wenn seine picassoreske Kreativität längst übers banale Ende, das uns und allem Irdischen blüht, weit hinauszuweisen scheint.

hat
der Mensch sich
Einst Gott allein erfunden?
Guter gedanke!

Ohne Rücksicht auf Orthographie und Grammatik lautet so einer der Spoerri‘scher Sinnsprüche, bunt aufgestickt in sorgfältig ausgeführter Frakturschrift auf ein weisses Tüchlein aus Grossmutters Kommode. Als Trost reicht das im Falle eines Falles nicht. Es schadet aber auch nicht. Und tut sogar ein bisschen gut.



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