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3. Februar 2017 | Aufmarsch der Zollfahnder in der Raggenbass-Strasse

„Südkurier“ im Visier der Staatsanwaltschaft

Konstanz (gro) Grosser Aufmarsch, klitzekleine Meldung: „Prüfung bei der psg in Spaichingen“ meldete der „Südkurier“ am Mittwoch auf Seite 6, auf seiner Wirtschaftsseite. Die für finanzjuristische Laien unverständlich gehaltene Kurznachricht stand rechts neben dem alljährlich wiederkehrenden Grossbericht über den Neujahrsempfang von IHK und Handwerkskammer. Die Meldung unterschlug, dass es am Dienstagmorgen gegen 6.30 Uhr in der grenznahen Otto-Raggenbass-Strasse zu einem Aufmarsch des Singener Kommandos „Finanzkontrolle Schwarzarbeit“ (FKS) gekommen war, ein paar Stunden später auch zu einem „Besuch“ der Fahnder im „Südkurier“-Medienhaus im Oberlohn und in Privatwohnungen von Managern des Unternehmens. Einer davon hat sich in der Otto-Raggenbass-Strasse niedergelassen.

Der Verdacht: Manipulierte Arbeitsverträge

Das Medienhaus war ins Visier der Staatsanwaltschaft geraten, weil es zuverlässige („belastbare“) Hinweise gab, dass Arbeitsverträge von angeblich verkürzt beschäftigten Mitarbeitern massenhaft getürkt worden waren, um Sozialabgaben zu vermeiden. Die Fahnder rückten an mit Durchsuchungsbefehlen. Auch Privatwohnungen von führenden Mitarbeitern des Unternehmens wurden durchsucht. Die Spezialeinheit des Hauptzollamts Singen handelte im Auftrag der Mannheimer Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Wirtschaftskriminalität.

Mitarbeiter per E-Mail gewarnt

Nachdem eine mindestens elfköpfige Abordnung der Singener Finanzpolizei am Dienstag gegen 11.30 Uhr auch im Medienhaus an der Max-Stromeyer-Strasse aufgetaucht war, wandte sich die Geschäftsleitung in einer Rund-Mail an die eigenen Beschäftigten und machte darauf aufmerksam, dass niemand verpflichtet sei, den Zollbeamten der Sondereinheit Auskunft zu geben – es sei denn, dass es um grundlegende Angaben zur eigenen Person gehe, gegebenenfalls bekräftigt durch Ausweispapiere. In einer weiteren Rund-Mail am frühen Abend wurde erklärt, bei den Razzien in der Spaichinger Logistikfirma psg, im Medienhaus und weiteren Tochterunternehmen der „Südkurier“-Gruppe handle es sich um die Überprüfung der rechtlichen „Einordnung kurzfristiger und entgeltgeringfügiger Beschäftigungsverhältnisse“.

Staatsanwaltschaft wurde etwas konkreter

Während sich die Geschäftsleitung des Konstanzer Medienhauses, vermutlich wegen der laufenden Ermittlungen, dezidiert auskunftsunwillig zeigte, wurde die Mannheimer Staatsanwaltschaft konkreter. Demnach sind Arbeitsverträge, etwa von Prospektverteilern, anscheinend nur auf dem Papier so kurz gedacht, tatsächlich aber, wie die Arbeit selbst, von den gleichen Leuten im Auftrag anderer Unternehmen der „Südkurier“-Gruppe nahtlos weitergeführt worden, und dies mehrfach in Folge hinter einander. Die verschiedenen Arbeit gebenden Firmen seien zwar rechtlich eigenständige Unternehmen. Weil dahinter als Gesellschafterin aber immer die „Südkurier“–GmbH stehe und weil die Arbeitsleistung und -ausführung identisch bleibe, handle es sich um nur „scheinbar kurzfristige“ Beschäftigungsverhältnisse. Erweist sich das tatsächlich so, wurden gesetzliche Bestimmungen womöglich seit Jahren umgangen und verletzt. Dann muss der Arbeitgeber Sozialabgaben nachzahlen und auch mit Bestrafung rechnen.




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