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26. Juni 2017 | Groteske Attacke gegen Stadtrat Reile

Wenn sich der Oberbürgermeister selbst beschädigt

Konstanz (gro) Der Oberbürgermeister ist böse auf Holger Reile, weil sich der in einem spöttischen Artikel im „Seemoz“ über den tölpelhaften Umgang der Verwaltung mit dem Projekt Bodensee-Forum lustig gemacht hat. Uli Burchardt wirft dem Stadtrat der Linken Liste geschäftsschädigendes Verhalten vor und verdächtigt ihn öffentlich der Untreue gegenüber der Stadt Konstanz. Tatsächlich dürfte sich das Stadtoberhaupt mit seiner Attacke vor allem selbst beschädigen. Das wirft die Frage auf, wer in diesem Falle für den Schaden aufzukommen hat. Dass Uli Burchardt die Selbstbeschädigung aus eigener Tasche bezahlt, ist eher unwahrscheinlich. Ganz anders die Situation für Holger Reile: Der linke Ratsherr kann sich jetzt schon die Hände reiben angesichts der öffentlichen Aufmerksamkeit, die ihm gratis zuteil wird. Er sollte Uli Burchardt danken.

Ausgerechnet zur öffentlichen Gemeinderatssitzung

Nun war es tatsächlich nicht nett, dass Reile seinen spöttischen Beitrag ausgerechnet am vergangenen Donnerstag, 22. Juni, dem Tag der jüngsten Gemeinderatssitzung, im „Seemoz“ veröffentlichte. Schlau aber war’s schon. Denn so blieb Uli Burchardt nicht viel Zeit, sich wegen der eher zurückhaltenden Satire mit den Rechtsgelehrten der Verwaltung ausführlich zu beraten. Der Oberbürgermeister reagierte offensichtlich spontan, wenn auch mit verhaltener Leidenschaft, als er Reile im Ratssaal während der öffentlichen Sitzung nicht nur schädigendes Verhalten vorwarf, sondern den Stadtrat auch noch in die Nähe eines Meineides rückte. (Nachzuhören und zu sehen im Podcast zur Gemeinderatssitzung am 22. Juni).

Uli Burchardts Kardinalfehler

Der Oberbürgermeister will Reiles Artikel im „Seemoz“, wie er öffentlich sagte, von den Juristen des Rathauses „prüfen“ lassen, und zwar im Hinblick auf die eidlich versicherte Pflicht des Stadtrats, jedweden Schaden von der Stadt abzuwenden. In dieser Haltung Burchardts dürfte sich ein fundamentaler Irrtum verbergen. Denn der Oberbürgermeister ist anscheinend zumindest streckenweise der Meinung, dass Kritik prinzipiell schädlich ist. Tatsächlich aber ist sie das Lebenselixier jeder Auseinandersetzung, die auf demokratischen Grundmauern ruht. Natürlich weiss das der Oberbürgermeister, aber manchmal ist es zu wenig, das nur zu wissen.

Der Gemeinderat als Kontrollorgan

Das neue Veranstaltungshaus der Stadt, das so genannte Bodensee-Forum am Seerhein, beschert der Stadt und seiner Bürgerschaft dieses Jahr einen Verlust in Höhe von rund 2,5 Millionen Euro, weit mehr als das Doppelte des veranschlagten Abmangels. Mit anderen Worten: Der Gemeinderat als Kontrollorgan der Verwaltung hat mit der Begleitung des Projekts versagt. Kritik daran ist aus Sicht der Steuern zahlenden Bürgerschaft nicht nur erlaubt und wünschenswert, sondern notwendig. Gerne auch als Satire. Und Holger Reile sollte Uli Burchardt zu einer Flasche Müller-Thurgau (trocken) einladen, um solche Selbstverständlichkeiten „sine ira et studio“ in Ruhe zu besprechen. Es gibt bedeutsamere Konfliktfelder.




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3 Kommentare

  1. 1. Bruno Neidhart

    Es ist “einfach nur blöd”, was Holger Reile als Stadtrat (!) hier von sich gegeben hat. Natürlich kann man alles kritisieren, was sich in der Stadt abspielt. Und das ist gut so. Die Frage ist, in welcher Form das geschieht. Für den Linken sind auffällig der OB - wie auch der “Südkurier” - das ganze Jahr über eine süffisante Zielscheibe. Aus unterschiedlichen Gründen, mit unterschiedlichen Mitteln dargestellt. Das muss man einfach mal feststellen. Solch Geschreibsel bringt die Stadt jedoch nicht weiter. Politik ist mehr als “Satire”, besonders wenn man sie nicht kann. Zu beurteilen, ob durch Blödheit “demokratische Grundmauern” durchbrochen werden, bleibt den Lesern überlassen. Auch dem OB. In der Regel haben solche Beiträge sogar eine beträchtlich positive Resonnanz. Für andere sind sie einfach nur blöd. In der Regel auch den Rechtsgelehrten. Das tröstet.

  2. 2. Zukunft Konstanz

    Hat nicht auch Herr Erdogan so auf Satire reagiert?
    Hier liegen offensichtlich die Nerven blank. Es ist zu vermuten,
    dass das Bodensee Forum noch schlimmer da steht, als bisher kommuniziert!
    Herr Schaal lässt Grüssen.

  3. 3. Curnonsky

    Kardinalfehler ist gut (und richtig), der Zappelphilipp aus dem livestream kommt aber eher als Ministrant rüber. Und als solcher wird er wohl demnächst auch den allermeisten Konstanzern in Erinnerung bleiben. Wenn überhaupt.

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