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15. Dezember 2017 | 2018 wird das „Konstanzer Jahr der Kultur“

Man muss sich Peter Lenks Imperia als Jüdin vorstellen

Konstanz (gro) Stadtverwaltung und Stadtmarketing haben 2018 zum „Konstanzer Jahr der Kultur“ ausgerufen. Dazu wird es kommenden Monat eine schlanke Broschüre geben, die auf 50 Seiten Dutzende sogenannte Highlights auflistet, die in Konstanz nächstes Jahr zu erleben sind. Das attraktive Deckblatt mit typisch Konstanzer Motiven, angefertigt nach einem Entwurf von Simone Albert, wird dominiert von Peter Lenks Imperia, die das bald 700 Jahre alte Konstanzer Kaufhaus (vulgo: „Konzil“), die ehrwürdige ehemalige Bischofskirche und sogar die „Konstanzer Zeitung“ überragt. Im Mittelpunkt der Festivitäten wird „La Juive“ stehen, eine monumentale Oper, die 1835 in Paris uraufgeführt wurde. Deshalb sollte man sich Lenks Imperia als „Die Jüdin“ vorstellen.

Plädoyer für Menschlichkeit und Toleranz

„La Juive“, eine Grand Opéra von Jaques Halévy und Eugène Scribe, thematisiert Konflikte zwischen Juden und Christen während des Konstanzer Konzils. Die Handlung, so teilt das Presseamt der Stadt weiter mit, stehe „stellvertretend für andere religiöse Konflikte in der europäischen Geschichte“. Insofern sei „La Juive” ein „flammendes Plädoyer“ für mehr Menschlichkeit und Toleranz in unruhigen Zeiten. Damit passt diese Oper perfekt in unsere Gegenwart.



Das Anwachsen der Un-menschlichkeit

In den sechs Jahrhunderten seit dem Konstanzer Konzil ist die Unmenschlichkeit auf dieser Welt fraglos angewachsen – und eben nicht geringer geworden. Einen Hinweis darauf gibt Lenks Hafenschöne. Seit jeher und bis heute wird sie als Dirne, als Hure definiert. Mal ganz abgesehen davon, dass auch so genannte „Sexarbeiterinnen“ im Himmel willkommen sind: Die historisch verbürgte Imperia, die Honoré de Balzac in Konstanz angesiedelt hat, war eine hochgebildete Gesellschaftsdame, charmant, lebenslustig und umschwärmt.

Ein Ehebund, vom Papst gesegnet

Imperia heiratete schliesslich einen französischen Herzog, der Bund fürs Leben wurde vom Papst persönlich gesegnet. Das ist verbürgt und nachzulesen. Sie wird trotzdem immer wieder verteufelt. Weil es viele offenbar bequemer finden, menschlich und intellektuell überlegene Mitmenschen schlecht zu reden als ihnen Respekt - und vielleicht auch ein bisschen Bewunderung - entgegen zu bringen. - Wie Jaques Halévy und Eugène Scribe daraus eine dreieinhalbstündige Oper gemacht haben, die Mitte Juni 2018, und damit 183 Jahre nach ihrer Uraufführung an Konstanzer Originalschauplätzen aufgeführt wird, darf mit grosser Spannung erwartet werden.



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