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19. Februar 2018 | Kirchgänger kritisieren den „Südkurier“

Die gottverlassenen Leser der Heimatzeitung

Konstanz (gro) Die Gläubigen sind aufgerufen, wieder mehr auf die Glocken zu hören, wenn diese zu den Gottesdiensten rufen. Denn ein wichtiger Wegweiser ist den Kirchgängern diesen Winter abhanden gekommen: Die Rubrik „Gottesdienste“, die Jahrzehnte lang jeden Donnerstag in der Heimatzeitung zuverlässig darauf aufmerksam machte, wo und wann man sich trifft, um gemeinsam zu beten und Gott zu feiern. Proteste von Kirchenleitungen und plötzlich gottverlassenen Lesern waren erfolglos. Die Konstanzer Lokalausgabe des „Südkurier“ bleibt wohl weitgehend gottesdienstfrei. Jetzt wird nur noch vor so genannten kirchlichen Hochfesten (wie Weihnachten oder Ostern) im Heimatblatt über die Termine der Gottesdienste informiert.

„Ein Stück Orientierung ist verloren gegangen“

Der Wegfall der regelmässigen Gottesdienst-Informationen wird ertwartungsgemäss als „Sparmassnahme“ deklariert. Im übrigen werde auch, wie man weiter hört, damit argumentiert, dass die Kirchgänger im Allgemeinen wüssten, wo und wann „ihr“ Gottesdienst stattfindet. Dem wird von kirchlicher Seite entgegen gehalten, dass es, vor allem in den Stadtteilen der Peripherie, immer mehr zu wechselnden Gottesdienstzeiten komme, weil es an geistlichen Seelsorgern fehle. Da müsse flexibel reagiert werden. Die Rubrik „Gottesdienste“ habe dabei ein Stückt Orientierung geboten, das jetzt fehle.

Weniger Zugriffs-Sicherheit

Rubriken wie „Notdienste“, „Geburtstage“ oder eben auch „Gottesdienste“ erhöhen die so genannte „Zugriffssicherheit“ einer Tageszeitung. Natürlich schaut ein Leser in der Zeitung nur dann nach einem Termin, wenn er sich dafür speziell interessiert. Aber schon allein die Tatsache, dass der Leser weiss, dass er sich im Bedarfsfall mit Hilfe der Zeitung orientieren kann, sorgt - trotz Internet und Smartphon – für die Bindung ans Blatt. Wer das leugnet, verabschiedet sich vom Printmedium. Und paradox wirkt dabei, dass die geschmähte Zeitung aus Papier, trotz ihrer gelegentlich sehr zahlreichen Eigenanzeigen, ihren durchaus stattliches Preis hat.

„Gottesdienste gehören nicht auf den Müll“

Die jetzt vom „Südkurier“ aufgegebene Rubrik war auch Spiegelbild der enormen Vielfalt des kirchlichen Lebens in der Stadt Konstanz: von den beiden grossen Konfessionen über Freikirchliche Gemeinschaften bis hin zur russisch-orthodoxen Prokopius-Gemeinde. Mathias Trennert-Helwig gehörte zu denen, die versucht haben, den „Südkurier“ umzustimmen. Doch auch der Chef des katholischen Dekanats biss anscheinend auf Granit. Er machte von der Kanzel herab aufmerksam auf das Fehlverhalten der Heimatzeitung und liess Unterschriftslisten auslegen, mit denen gegen den Verlust der Rubrik protestiert werden konnte. Das Angebot des Medienhaus, die Gottesdienste künftig im „Anzeiger“ zu veröffentlichen, schlug der Dekan aus. Er sehe ja, wie mit dem „kostenlosen Blättchen häufig achtlos umgegangen“ werde. Die Gottesdienste wie Müll herumliegen zu sehen, sagte Trennert-Helwig, das gehe gar nicht.

Bild: www.frieder-schindele.eu




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Ein Kommentar

  1. 1. Bruno Neidhart

    Nehme mal an, dass diese “Südkurier”-Entscheidung nicht als Beitrag zum Konzilsjubiläum gemeint war. Indes denke ich, dass die gekappte Donnerstagsrubrik wieder in die Lokalausgabe gehört. Mit Recht wird auf die “Vielfalt des kirchlichen Lebens in der Stadt Konstanz” verwiesen. Die Zeitung sollte vielleicht den designierten Heimatminister aus München um seine Meinung bitten. Oder sich einfach einen Ruck geben. Religiöse Vielfalt in einer Stadt ist Kapital!

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