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6. März 2019 | Wolfgang Rolle und die ewige Fasnacht

Über die närrischen Tage hinaus

Konstanz (gro) Angeblich ist die Fasnacht schon wieder vorbei. Doch das stimmt nicht. In der benachbarten Schweiz geht es diese Woche erst richtig los, von Fastenzeit vorerst keine Spur. Und nur ein paar lumpige Kilometer weiter westlich, in Ermatingen, dauert die Fastenzeit vom Ende der hochnärrischen Saison bis zur Karwoche sogar nur knapp 14 Tage – angeblich ein päpstliches Privileg, gewährt vor über 600 Jahren.

Statt des Festgewandes nackte weisse Puppen

Dass das Närrische, das ja im Grunde Rebellion ist, zumindest in seiner scheinbar zivilisierten Form das ganze Jahr über allgegenwärtig ist – davon kündete etliche Wochen lang ein mit Orden behängter roter Frack im Eckschaufenster des Herrenausstatters Zwicker in der Rosgartenstrasse (Ecke Neugasse). Das Festgewand ist gestern verschwunden, dann grüssten dort durchs Fenster ein paar nackte weisse Puppen. Doch die Erinnerung bleibt, und auch Wolfgang Rolle, der den Frack, seinen Frack, zur Verfügung stellte, bleibt uns das ganze Jahr über als latent rebellischer Menschenfreund erhalten.

Mit 30 handverlesenen Orden

Der mit glitzernden Preziosen bestückte, massgeschneiderte Frack ist mit über 30 handverlesenen Orden geschmückt, alles glänzende Stücke närrischer Provenienz. Bei dem, was da bei Zwicker zu sehen war und nun im „dornroschen“ zu begutachten ist, handelt es sich um einen „0riginalen Elferratsfrack der Elefanten Aktien-Gesellschaft“, wie Wolfgang Rolle versichert, einen Elferratsfrack der sogenannten EAG, .

Die EAG ist die älteste Konstanzer Narrengesellschaft, 1880 gegründet und damit 139 Jahre jung. Rolle trug seinen Frack stets mit Würde, garniert nicht nur mit Orden, sondern auch mit Witz, Charme und ausladender Pfauenfeder auf dem Narrenhut.

Programmchef und Moderator
für Funk und Fernsehen

Wolfgang Rolle, Glasgrosshändler und Elferrat der Elefanten, war Jahrzehnte lang Programmchef der Elefanten AG, darüber hinaus wurde er bekannt als Moderator bei Ereignissen, die in Zusammenarbeit mit anderen Narrengesellschaften - meist im Konzil - über die Bühne gingen. Dazu gehörte vor allem der „Internationale Frühschoppen“, der von Rundfunk und Fernsehen übertragen wurde. Als Programmgestalter und Mitorganisator aufwendiger „Narrenkozerte“ engagierte sich Rolle jedes Jahr Monate lang. Und wehe, man tanzte nicht exakt nach seiner Pfeife. Der Erfolg gab dem Obernarren recht.

„Die närrische Vitalität ist ungebrochen“

Mittlerweile ist es auch um die EAG, so weit es die so genannte „Saalfasnacht” angeht, ruhiger geworden. So gibt es auch den „Elefanten-Ball“, einst im Inselhotel alljährlich zu einem gesellschaftlichen Ereignis von Rang aufgestylt, längst nicht mehr. Doch Rolle ist optimistisch: Es laufe ein Generationswechsel in den Narrengesellschaften. Der sei voll im Gange. Die närrische Vitalität, sagt Rolle weiter, „ist im Grunde ungebrochen“. Und nach wie vor wird nicht weit von Konstanz, in Ermatingen, Jahr für Jahr die “längste Fasnacht der Welt” mit Leidenschaft zelebriert.

Titelbild: www.frieder-schindele.eu




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