Dornröschen » Blog Archive » Exotische Blütenpracht im „verbotenen“ Steingarten
Leserkommentare
 
Sponsoren
18. Mai 2021 | Augenschmaus vor dem Konzilsgebäude

Exotische Blütenpracht im „verbotenen“ Steingarten

Konstanz (gro) Spitz und interessant auslaufende, gelb und dunkelblau bis lila emporgereckte Tulpengewächse, überraschend blassierte narzistische Osterglocken einer wenig bekannten Art und arrogant heranwachsende Stauden, das Ganze von der Mainau-Gärtnerei cool angeordnet auf ebenso coolem Schotterkies: Der neue Blütengarten im seeseitigen Areal vor dem ehrwürdigen Konzilsgebäude hat mindestens etwas Japanisches. Den Bienen und anderen Insekten gefällt das Arrangement ganz gut, wenn der Autor dieses Berichts ihr emsiges Summen richtig verstanden hat. Dabei sind solche Gärten in Baden-Württemberg seit langem ausdrücklich verpönt, seit Neuestem sogar gesetzlich verboten.

Steingarten ist nicht gleich Steingarten

Winfried Kretschmann findet Steingärten „fürchterlich“. Das lässt vermuten, dass der Ministerpräsident den neuen Garten vor dem Konstanzer Konzil noch nicht gesehen hat. Denn Steingarten ist nicht gleich Steingarten. Die „Grünen“ zogen gegen die Schottergärten, wie die Steingärten auch genannt werden, vor allem deswegen zu Felde, weil sie, die Steingärten, das Insektensterben begünstigen. Aus Gründen der Pflegeleichtigkeit seien sie angelegt, diese langweiligen Flächen, weil darauf nix wachsen könne, sagen nicht nur selbsternannte Naturschützer, es gibt kaum Unkraut, das immer wieder mühsam herausgerupft werden muss. Ausserdem könne auf das regelmässige Giessen verzichtet werden.

Bundesweite Verbote und neue Plastikwelten

In den meisten deutschen Bundesländern sind Stein- oder Schottergärten verboten, in Baden-Württemberg, wie oben angemerkt, auch, und zwar durch eine neu hinzu gefügte Bestimmung im Naturschutzgesetz, wonach freie Flächen eines Bebauungsplans als Grünflächen zu behandeln sind. Darauf sollten möglichst auch Blumen wachsen, denn Insekten benötigen Blüten, um ihr natürliches Tagwerk zu verrichten. Das klappt allerdings ohnehin nicht mehr so recht, weil Feldplantagen, zum Beispiel für Erdbeeren, auch hierzulande durch den Einsatz von Plastikgebilden die Landschaft zwar verschandeln, aber sehr viel sicherere Ernteerträge garantieren. Die Insekten werden in hängenden Kartons fürs Innenleben der überdimensionalen Plastiktreibhäuser gesondert angeliefert (wofür es längst einen speziellen Markt gibt).

Das Buch von Loki Schmidt

Die beste Kennerin der bundesdeutschen Gartenlandschaft war wohl die vor sechs Jahren verstorbene Loki Schmidt, die Gattin von Altbundeskanzler Helmut Schmidt (1918-2015). Im Jahre 1995 besuchte sie Graf Lennart Bernadotte, um mit ihm über die Insel Mainau zu diskutieren. Loki Schmidts Buch „Die Botanischen Gärten in Deutschland“ (320 Seiten, erschienen 1997 im Verlag Hoffmann und Campe, Hamburg) ist ist gebraucht zu beziehen für lumpige 12,17 Euro von „MEDIMOPS“. Über coole Steingärten verliert Loki Schmidt in ihrem Buch kein abwertendes Wort.

Abschliessend sei angemerkt, dass Steingärten, wenn sie denn was hermachen sollen, keineswegs pflegeleicht sind. Denn auf der Oberfläche einer solchen Steinschütte bildet sich gerne Moos, das mit hohem Arbeitsaufwand entfernt werden muss; ausserdem ist der Untergrund eines Steingartens regelmässig gründlich zu reinigen, ganz abgesehen davon, dass bei der Gestaltung eines solchen Gartens ein ausgeprägtes Stilgefühl vonnöten ist.

Bild: Frieder Schindele



 Kommentieren    Trackback    Drucken

Noch keine Kommentare

Neuen Kommentar schreiben ...