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7. Juli 2009 | Erste Zwangsversteigerung in Sachen Wolfgang Horn

Sparkasse Reichenau übt sich in Resteverwertung

Konstanz/Radebeul (gro) Drohende Verluste zwingen die Bezirkssparkasse Reichenau zu besonderen Massnahmen: Auf Veranlassung des Geldinstituts wurde im sächsischen Radebeul vor wenigen Tagen eine Immobilie zwangsversteigert, die als Sicherheit für Kredite diente, die an den Konstanzer Anwalt Wolfgang Horn ausbezahlt worden waren. Gegen Horn wird von der Staatsanwaltschaft seit Monaten wegen Betrugs, Veruntreuung von Mandantengeldern und Urkundenfälschung ermittelt. Ersteigert hat die Radebeuler Immobilie die Ehefrau des zahlungsunfähigen Anwalts. Die Sparkasse Reichenau soll bei der Finanzierung der Transaktion offensichtlich behilflich sein.

535.000 Euro von Horns Ehefrau geboten

Not macht erfinderisch, die Erinnerung an diesen Lehrsatz drängt sich angesichts der Vorgänge in Radebeul auf. Um über die Zwangsversteigerung möglichst viel von den an Horn weggegebenen Geldern zurückzubekommen, musste vermieden werden, dass der erste Versteigerungstermin erfolglos blieb. Erfolgreich konnte er nur sein, wenn wenigstens sieben Zehntel des amtlich ermittelten Schätzwertes in Höhe von rund 670.000 Euro geboten würden. Margot Horn bot mit etwa 535.000 Euro die erforderlich sieben Zehntel, und dieses Gebot war gültig, weil sie über 10 Prozent dieser Summe als Sicherheitsleistung beim Amtgericht Radebeul hinterlegt hatte.

Sparkasse bei der Finanzierung behilflich

All das ergibt nur dann einen Sinn, wenn es Horns Ehefrau Margot gelingt, in den kommenden 6 Wochen die gesamte Gebotssumme aufzutreiben. Beobachter gehen davon aus, dass bereits ein neuer Eigentümer für das Anwesen ausgemacht ist und dass die Bezirkssparkasse vom Bodensee bei der Finanzierung der Angelegenheit behilflich sein könnte. Über das Reichenauer Geldinstitut, so heisst es, sei mit Hilfe des Sparguthabens von Horns Vater und dem Geld eines in Weinfelden (Thurgau) ansässigen Geschäftsmannes schon die erwähnte Sicherheitsleistung bereit gestellt worden.

Das Interesse des Geldinstituts

Von Sparkassendirektor Günter Weber wird der Vorgang im fernen Radebeul, der öffentlich abgelaufen und protokolliert sei, eingeräumt. Im Grundsatz gehe es darum, dass ausgeliehene Finanzmittel wieder zurückflössen. Genau darauf sei das Interesse des Geldinstituts ausgerichtet. Wenn ein Geschäftspartner in Schwierigkeiten geraten und zahlungsunfähig geworden sei, beginne zwangsläufig irgendwann die Phase, in der die Sicherheiten verwertet werden müssten, sagte Weber.

Betrugsopfer fordern Schadensersatz

Weitere Gläubiger Horns verfolgen das Gebaren der Bezirkssparkasse mit gemischten Gefühlen, vor allem jene Gläubiger, die sich als Betrugsopfer des Anwalts sehen, Sie glauben in den leitenden Männern des Geldinstituts Helfershelfer des Anwalts zu erkennen, der sie um sechsstellige Summen betrogen habe. Die Bezirkssparkasse Reichenau muss sich deshalb auf mehrere Schadensersatzprozesse einstellen. Allein der Potsdamer Anwalt Matthias Schillo fordert im Namen zweier Mandanten eine Wiedergutmachung in Höhe von über einer halben Million Euro. Schillo habe, wie man weiter hört, auch den Verdacht, die Bezirkssparkasse sei beim Umgang mit Geldgeschäften Horns zu leichtfertig gewesen. Möglicherweise habe das Geldinstitut dabei gegen Bestimmungen zur Eindämmung von Geldwäsche verstossen.

Krumme Geschäfte übers Treuhandkonto

Von dem Reichenauer Geldinstitut sind solche Vorwürfe immer zurückgewiesen worden. Tatsache aber ist wohl, dass über ein Konto Horns bei der Bezirkssparkasse Reichenau etliche krumme Geschäfte abgewickelt wurden: Auf dieses Konto flossen hohe Summen von Kreditsuchenden, die mit der Aussicht auf niedrige Zinsen und noch niedrigere Sicherheitsanforderungen geködert worden waren. Hauptbedingung für die Gewährung eines solchen Kredits war ein so genannter „Eigenkapitalnachweis“ in Höhe von 15 Prozent der gewünschten Kreditsumme. Dieses Eigenkapital musste auf ein von Wolfgang Horn geführtes „Treuhandkonto“ bei der Sparkasse Reichenau eingezahlt werden. Das „Eigenkapital“ verschwand, die Kredite wurden nicht ausbezahlt. Der Schaden dürfte in die Millionen gehen.

Mindestens zwei Strafanzeigen gegen Horn

Auf das angebliche Treuhandkonto bei der Sparkasse Reichenau überwies vor zwei Jahren auch der ehemalige Konstanzer Bauunternehmer Rolf Dittus 250.000 Euro. Das Geld hatte sich Horn für eine kurzfristige Industriebeteiligung erbeten – „eine infame Lüge“, wie Dittus wenige Monte später feststellen musste. Er ging im Dezember des vergangenen Jahres mit einer Strafanzeige gegen Horn vor. Es war die zweite Strafanzeige gegen Wolfgang Horn, der bis zum vergangenen März in der Seestrasse 1 residierte. Mitte August 2008 hatte den Anwalt schon Matthias Schillo angezeigt, nachdem er, Schillo, von zwei offensichtlichen Betrugsfällen erfahren hatte. „Als Anwalt bin ich Bestandteil der Rechtspflege“, sagt Schillo, „und deshalb verpflichtet, Straftaten anzuzeigen.“

Als Anwalt weiter zugelassen

Die Konstanzer Strafermittler haben den Fall Horn, in den auch ein vorbestrafter Betrüger aus der Türkei verwickelt ist, wegen seiner Komplexität inzwischen nach Mannheim abgegeben: an die Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Wirtschaftskriminalität. Innerhalb der Standesvereinigung der Anwaltschaft sieht man die Causa Wolfgang Horn trotzdem nach wie vor recht locker. Die Anwaltskammer Sachsen führte den Anwalt Dr. Wolfgang Horn jedenfalls auch gestern noch als Mitglied und damit als zugelassenen Rechtsanwalt mit einer Filiale in Konstanz am Bodensee.



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Ein Kommentar

  1. 1. DetlevKuentzel

    In einer Prüfung für ein Wirtschafts-Studium hätte ich eher auf den Begriff “Vertrag als gegenseitigen Rechtsgeschäft” verwiesen und daß die Gegenleistung nicht erbracht worden ist.
    Es gibt verschiedene Arten von Vertragsmängel, woraus sich verschiedene Ansprüche daraus.
    Bei Nichterfüllung sollte eigentlich eine Vertrags-Nichtigkeit mit Rückabwicklung und Schadensersatz wegen Zinsausfalls möglich sein.

    Verwundert bin ich etwas, daß man Begriffe wie Wirtschafts-Kriminalität und Betrug verwendet, wenn es auch einfache Begriffe aus dem BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) zwischen Privatpersonen gibt, die schon als Problem erscheinen.

    Wenn man (Stadt-)Politiker bewundert, die sich intensiv mit Rechtsfragen beschäftigen müssen, ist man zusätzlich stark verwirrt, wenn solche banal aussehenden Fragen soche Probleme aufwerfen und scheinbar unlösbar sind.
    Da traut man sich nicht mehr zum Zeitungskauf an den Kiosk.

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