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24. Januar 2017 | Andreas Frank in der Kanzlei Wilhelm Hansen

Revolutionäre Töne zur Saisoneröffnung

Konstanz (gro) International engagierte Grossbanken als willfährige Gehilfen vermögender Steuerhinterzieher; Regierungen, die mitmachen bei Geldwäsche; eine Justiz, die gegenüber kriminellen Finanzgeschäften auch bei uns in Deutschland häufig wegschaut: In einer der angesehensten Anwaltskanzleien der Bodenseeregion waren am vergangenen Wochenende revolutionäre Töne zu vernehmen. Wilhelm Hansen hatte für den diesjährigen Neujahrsempfang in seine weitläufigen Räumlichkeiten hoch über dem Konstanzer Bürgerbüro an der Unteren Laube den Finanzexperten Andreas Frank (Bild) als Vortragsredner eingeladen, wohlwissend, dass dieser Mann mit Zündstoff aufwarten würde. Hansen, 67, war von 1981 bis 1997 Erster Bürgermeister und neben seiner Anwaltstätigkeit bis vor Kurzem Referent für Arbeitsrecht an der Hochschule St. Gallen.

Und die Justiz drückt die Augen zu

Andreas Frank, 65, Berater des Bundestags in Sachen Geldwäsche, ist ein früherer Investmentbanker, der für die US-amerikanische Grossbank Goldman Sachs als Abteilungsdirektor unter anderem in New York City tätig war. Er sorgte nun in Hansens Anwaltskanzlei für anhaltendes Staunen. Aber wer weiss schon, dass zum Beispiel aus den weltweiten Geschäften der Organisierten Kriminalität jährlich etwa schier unvorstellbare 2000 Milliarden Dollar (das sind 2 Billionen!) zuerst versteckt und dann in den „normalen“ Geldfluss eingeschleust werden wollen! Ohne international agierende Banken und ohne scheinbar arglos zugedrückte Augen bei den Justizbehörden geht das nicht.

Versteckspiele und Waschanlagen

Am Beispiel der Genfer Privatbank Pictet (Banque Pictet & Cie) machte der Ex-Banker seinen Zuhörern anschaulich, wie finanztechnische Versteckspiele und Waschanlagen funktionieren. Andreas Frank flog dafür vergangenes Jahr auf die Bahamas und informierte sich nach ganz legal eingeholten Hinweisen ebenso legal im Handelsregister des karibischen Inselstaates über die Verflechtungen der Bank mit nachgeordneten Gesellschaften, meist mit so genannten Trusts, die als Briefkastenfirmen zu Zehntausenden in der Inselhauptstadt Nassau registriert sind.

Die famosen Vermögensverwalter aus der Schweiz

Wissenswert ist in diesem Zusammenhang, dass es sich bei der Genfer Privatbank Pictet um ein angesehenes, im Jahre 1805 gegründetes Geldhaus handelt. Die „verwalteten oder verwahrten Vermögenswerte” der Bank Pictet beliefen sich Ende 2015 auf 437 Milliarden Schweizer Franken. Damit ist das Geldhaus mit seinem Hauptsitz an der Genfer Route des Acacias hinter der UBS und der Credit Suisse und noch vor der Zürcher Privatbank Julius Bär die drittgrößte Schweizer Vermögensverwaltungsbank der Schweiz. Mit rund 4000 Mitarbeitern erwirtschaftete die Bank laut Frank im Jahre 2015 einen Gewinn von 452 Millionen Franken.

Wenn das Verwalten zum Versteckspiel wird

Gut zu verwalten und zu verwahren und dabei gut zu verdienen ist natürlich nicht strafbar. Kritisch aber wird es, wenn das Verwalten und Verwahren dazu dient, Vermögen zu verstecken. Dass Schweizer Banken jahrzehntelang und besonders effektiv Steuerpflichtigen bei der Steuerhinterziehung geholfen haben, ist laut Andreas Frank längst ein offenes, ja öffentlich gewordenes, also nur noch ehemaliges Geheimnis. Die internationalen Verflechtungen einiger Schweizer Banken seien bis heute nichts anderes als mafiöse Netzwerke, sagt Frank. Wie bei allen kriminellen Vereinigungen, sagt Frank weiter, wirke die mit gewaltigen Geldmitteln aufgebaute Macht fort. Die werde zwar gelegentlich gestutzt, von hochvermögenden Kunden aber nach wie vor geschätzt, vor allem von Kunden mit kriminellem Hintergrund.

Nach wie vor ein schwer durchschaubarer Finanzplatz

In Teilbereichen, davon ist der Finanzexperte Frank überzeugt, ist die Schweiz auch heute noch ein schwer durchschaubarer Finanzplatz, dessen verschleiernde Verflechtungen bis auf die britischen Jungferninseln, nach Südostasien oder auf die Bahamas reichen. Die Schweiz sei aber keineswegs alleine. Die Vereinigten Staaten von Amerika haben ihre eigenen Steuerparadiese, zum Beispiel den Bundesstaat Delaware, wo zahlreiche deutsche Konzerne, darunter industrielle Riesen wie die Autobauer von VW, Audi und Mercedes oder etwa die Siemens AG, mit Firmenadressen untergekommen sind, um in der eigenen Heimat einen ansehnlichen Teil der eigentlich fälligen, aber ungeliebten Steuerlast zu vermeiden. Mit von der Party sind laut Frank auch Kanada sowie deutsche und andere europäische Geldinstitute.

Im Visier der US-amerikanischen Ermittler

Die USA und nicht etwa die Schweiz, Panama oder allerlei Offshore-Platze, darauf machte am Rande des Vortrags Gastgeber Wilhelm Hansen aufmerksam, gehören neben Kanada zu den gesuchtesten Steuerparadiesen, mit sanften Abstrichen auch die Bundesrepublik Deutschland. Andererseits gehen die USA sehr energisch dagegen vor, auch im Ausland, wenn Landsleute dem eigenen Fiskus Steuern vorenthalten. Trotzdem gerieten in den vergangen Jahren etliche Schweizer Banken besonders heftig ins Visier US-amerikanischer Ermittler. Durch einen gewissen Bradley Birkenfeld, einen ehemaligen Angestellten der Schweizer Großbank UBS, sind dem US-Justizministerium (Department of Justice) 2007 unumstössliche Beweise geliefert worden, die zur Eröffnung eines Strafverfahrens gegen die grösste Schweizer Bank, die UBS, führten (die im Übrigen immer noch die weltgrösste Verwalterin von Privatvermögen ist).

Weiterleitungen ins Nichts

Auch die Deutsche Bank hat – wie andere international aufgestellte Grossbanken - Filialen auf den Bahamas und/oder auf den britischen Jungferninseln. Das Prinzip ist immer das gleiche: Man hält sich an die lokale, lächerlich unverbindliche Gesetzeslage, zahlt minimale Gebühren und darf dafür seine finanziellen Guthaben verstecken. Die Inselstaaten profitieren von der Masse des Geschäfts, neugierige ausländische Ermittler werden mit Hinweisen auf „Weiterleitungen“ abgespeist, die letztlich ins Nichts führen.

der absurde Marshallplan für Afrika

Angesichts der von Andreas Frank erläuterten Hintergründe wirkten manche in Berlin zuvor verkündeten Erklärungen absurd. Etwa die betont präoptimistische Botschaft von Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU), mit der vergangene Woche ein „Marshallplan für Afrika“ angekündigt wurde. Die korrupten Eliten des Schwarzen Kontinents dürften die Botschaft mit Vergnügen vernommen haben. Vor allem angesichts der Tatsache, dass Afrika, wie Andreas Frank anhand von Schaubildern erläuterte, jedes Jahr aus der westlichen Welt etwa 32 Milliarden Dollar an Entwicklungshilfe zufliessen, während das Mehrfache, nämlich der Betrag von über 190 Milliarden Dollar, aus Afrika abfliesst, um auf Konten in London, in der Schweiz, Deutschland ud den USA, zu landen.

Eine Schwarze Liste, die nichts taugt

Afrika hilft man nicht dadurch, dass man noch mehr Geld dorthin schickt, sondern dadurch, dass man den Geldabfluss aus Afrika unterbindet. Ähnlich widersinnig ist die von den den Vereinten Nationen veröffentlichte Liste, auf denen die “bösen” Staaten aufgeführt sind, die Geldwäsche erlauben und damit die Finanzierung von Terrorismus ermöglichen. Auf dieser Liste finden sich zwar zerfallende Staatsgebilde wie Irak oder Afghanistan, nicht aber die massgeblichen “Steueroasen” wie er Staat Delaware in den USA, die Schweiz, Belgien, Grossbritannien, die Niederlande oder Deutschland, wo ein Teil der Geldwäsche, etwa mit Hilfe der staatlichen oder staatlich lizenzierten Spiekcasinos sogar unter behördlicher Aufsicht abgewickelt wird.
Siehe auch den dornroeschen-Artikel vom 13. August 2011




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