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21. Juni 2017 | Deutsch-schweizerisches Grossprojekt

Heimat Alpstein: Opulente Bilder, Vieh, Berge und Musik

Konstanz (gro) Wo vor 600 Jahren Papst Martin V. gewählt wurde, wird am heutigen Mittwoch, dem 21. Juni 2017, im Konzilsgebäude ein gross angelegtes deutsch-schweizerisches Kulturprojekt auf den Weg in die Öffentlichkeit gebracht. Sein Titel lautet einfach und schlicht „Heimat Alpstein“. Unterzeile: „Appenzeller und Toggenburger Bauernmalerei“. Das ist tief gestapelt. Tatsächlich ist es ein Projekt, das die kulturhistorischen Bande, die die Bodensee-Metropole seit Jahrhunderten mit dem Toggenburg und dem Appenzell verbindet, neu zu orten und (endlich) wieder mit Leben zu erfüllen sucht.

Nach Monate langer Vorarbeit

Von einem schwungvollen Start in den Konstanzer Museums-Sommer zu fabulieren, wäre ebenfalls viel zu kurz gegriffen. Was in der heutigen Eröffnungsveranstaltung von der Begrüssung durch den Konstanzer Oberbürgermeister Uli Burchardt bis hin zum Aufspiel der Appenzeller Kapelle „Enzian“ im Konzilsgebäude aufgetischt wird, ist bereits vor vielen Monaten gestartet worden. Heute wird von Tobias Engelsing, dem Direktor der Konstanzer Museen, das Ergebnis eines Unternehmens vorgestellt, das in Monate, teilweise Jahre langer Vorarbeit durch ein engagiertes Team entstanden ist. Dazu gehört ein wunderschön gelungenes Buch (Herausgeber ist Engelsing) das im Konstanzer Südverlag erschienen ist.

Breit gefächertes Vortragsprogramm

Die beiden Appenzell, das reformerische Appenzell-Ausserrhoden und das katholische Appenzell-Innerrhoden, lösten sich im 15. Jahrhundert nach kriegerischen Auseinandersetzungen mittels einer friedlichen (!) Landteilung von einander und kooperieren seither in vorbildlicher Übereinkunft. Das ist nur einer der hochinteressanten Aspekte, mit denen sich geneigte Konstanzer dank der Museumsinitiative Engelsings beschäftigen können. Hinzu kommt ein breit gefächertes Vortrags- und Führungsprogramm mit erstklassigen Referenten. Dieses Rahmenprogramm bietet zudem spezielle Angebote für Kinder, Jugendliche, Schulklassen und private Gruppen.

Sonderausstellung in St. Gallen

Im Mittelpunkt des Projekts „Heimat Alpstein“ stehen die opulenten Bilder der so genannten naiven Bauernmalerei des Appenzeller und Toggenburger Landes. Man frägt sich beim Betrachten solcher Bilder allerdings schnell, was naiv daran sein soll, das liebe Vieh, die prächtigen Kühe, Ziegen, Hirten, Landschaften und Wohnburgen in all ihrer Pracht, Lebenskunst und Lebensfreude darzustellen, auch wenn das von frühen europäischen Reisenden häufig schwärmerisch beschrieben wurde. Tatsächlich prägt ein überaus harter Alltag bis heute das Leben unterhalb des Säntis‘ und des Alpsteins. Und arbeitsreich dürfte es auch gewesen sein, die Museen Urnäsch, Appenzell, Lichtensteig/Toggenburg und Stein und auch noch das Völkerkundemuseum St. Gallen mit einer Sonderausstellung in das deutsch-schweizerische Grossprojekt einzubinden und dazu geneigte Schweizer Stiftungen, die alle zusammen die kulturhistorische Szene zwischen Bodensee und nächstem Alpenland bis zum Ende dieses Jahres beschäftigen wird.




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Ein Kommentar

  1. 1. Bruno Neidhart

    “Denkt man an Appenzell in der Nacht”, so kommt einem das Frauenstimmrecht in den Sinn - auch dies ein gutes Stück “historische Kultur”. Noch 1971 lehnten u.a. die Ostschweizer Kantone St. Gallen, Thurgau, sowie die beiden Appenzell das Ansinnen aus Bern ab, auch Frauen an die Urne zu lassen - oder an die Landsgemeinde! -, doch wurde dieses Recht gesamtschweizerisch dennoch formell eingeführt, wenn auch in einzelnen Kantonen nur mühsam. So dauerte es im katholischen Appenzell-Innerrhoden tatsächlich bis 1990, da deren Männer sich bis dahin noch immer gegen ein volles Frauenstimmrecht durch zackiges Handhochhalten an der Landgemeinde stemmten, bis der “rebellische Kanton” von Bern aus gezwungen werden musste, endlich das volle Recht auch den Frauen zu zu gestehen. Dies kam letztlich nur durch einen Bundesgerichtsentscheid zustande, der den tapferen Innerrhödler Männern über eine Klage in diesem Punkt “Verfassungswidrigkeit” bescheinigte. “Gefühlt” ist dieses Recht noch heute im kleinen Kanton nicht so richtig verankert, wie Umfragen zeigen. Dagegen zeigen sich Appenzeller Frauen besonders sonntags in aussergewöhnlich hübschen Roben, können schön sticken und musizieren und Hof und Kinder hüten. Ein putziges, listiges, munteres Völklein unterm Alpstein, das insgesamt nun aber doch noch im 21. Jahrhundert angekommen ist. “Gewitzt” waren sie schon immer, die Innerrhödler. Das ist ihnen bis heute geblieben. So “naiv”, wie etwa die Bauernmalerei darzustgellen versucht, sind sie “dort hinten” nun wirklich nicht. Das Evozieren eines historisch wertvollen Volkstum scheint ihnen dagegen im Blut zu liegen. Bis heute.

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