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10. Juli 2017 | Bauprojekt am einzig verbliebenen Kloster der Stadt

In aller Stille und in allerbester Altstadt-Lage

Konstanz (gro) Der Schulhof der Realschule Zoffingen an der Klosterstrasse soll teilweise mit einem mächtigen, über 15 Meter hohen Block zugebaut werden. Vier grosse Kastanienbäume sollen dafür fallen. Gegen das Bauprojekt wehren sich Anwohner der Schreiber- und der Klostergasse. Zur Zeit formiert sich eine Bürgerinitiative gegen die Planungen, die seit etwa 2 Jahren in aller Stille vorangetrieben wurden. Mit der Baumassnahme soll, wie es heisst, unter anderem das Marienheim, ein Pflegeheim, aus dem Paradies in die Niederburg, den ältesten und „vielleicht schönsten Konstanzer Stadtteil“ („Südkurier“) verlagert werden. Das Grundstück gehört zur über 700 Jahre alten Klosteranlage der Dominikanerinnen, dem einzigen noch verbliebenen Konstanzer Kloster.

Warum kein internationaler Wettbewerb?

Bekannt geworden ist das Projekt dadurch, dass die Stadt einige Anwohner davon informiert und zu Besprechungen geladen hat. Es sind allerdings nicht alle Nachbarn angesprochen worden. Diejenigen, die davon erfahren haben, sind teilweise schockiert. Am vergangenen Wochenende wurden die Niederbürgler von den Kritikern des Vorhabens mit eilends angefertigten Informationskarten, die in den meisten Briefkästen des Stadtteils landeten, mit den Planungen bekannt gemacht. Auf verbreitetes Unverständnis stösst vor allem, dass für eine bauliche Neugestaltung des Anwesens am nordwestlichen Rand der Niederburg kein internationaler Ideenwettbewerb ausgeschrieben worden ist.

Wo bleibt der Denkmal- und Ensembleschutz?

Die Anwohner fragen sich, wie die Stadtverwaltung ein derart massiges Projekt mit etwa 110 Betten in einem besonders sensiblen Bereich der Stadt seit Jahren still und heimlich verfolgen kann, ohne den Gemeinderat und die weitere Öffentlichkeit mitzunehmen. Hier werde die neuerdings von den Landesbehörden eingeräumte Möglichkeit, Baugesuche als „Geschäft der laufenden Verwaltung“ betrachten zu können, ad absurdum geführt. Bei einem derartigen Projekt gehe es um das Stadtbild im historischen Kern von Konstanz sowie um den Denkmal- und Ensembleschutz. Damit stehe das Vorhaben im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses, verdiene demnach eine frühzeitige, umfassende, kundige und transparente Information durch die Stadtverwaltung.

Hintergrund: Aufgabe der Realschule Zoffingen

Zum besseren Verständnis der Baumassnahme sei darauf hingewiesen, dass die Dominikanerinnen die Mädchenrealschule Zoffingen aufgeben. Das Kloster will das Anwesen ans (katholische) Dekanat Konstanz verkaufen. Die Caritas würde das Grundstück für das neue Pflegeheim und für zusätzliche Sozialeinrichtungen anmieten, eventuell in Erbpacht. Unbekannt ist bislang, was mit dem Marienheim im Paradies geschehen soll. Es wird spekuliert, dass daraus Wohnungen entstehen, deren Verkauf das Projekt zwischen Rheinsteig und Klostergasse finanzieren helfen würde.

Bild: Frieder Schindele




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Ein Kommentar

  1. 1. Bruno Neidhart

    Die Gier nach den letzten freien Flächen in unseren Städten ist ungebrochen. Da, wo solche Freiräume das Herz einer Stadt - oder auch nur eines Stadtteils - berühren, ist besonders zu achten, was letztlich mit einem solchen Grundstück geschieht, respektive, ob es überhaupt Sinn macht, einen bestehenden Freiraum zu opfern. Nicht selten sind leider Bebauungspläne bereits so ausgelegt, dass es manchmal unmöglich erscheint, zu opponieren (Das “Torhaus” in Petershausen ist so eine Angelegenheit).

    “Drüben”, in Kreuzlingen, können mitunter bei “zweifelhaften Flächenbebauungen” wenigsten die Stimmbürger/Stimmbürgerinnen befinden - also das berühmte “Volk”. Aber auch so ist keine Garantie gegeben, dass eine “Volksmeinung” rundum stimmig ist, sondern ein Vorhaben hat lediglich den demokratischen Stempel bekommen - auf Gedeih und Verderb. Rund die Hälfte der Abstimmungsberechtigten machten beim folgenden demokratischen Pokerspiel zudem gar nicht mit: So baut Kreuzlingen durch ein Stimmenmehr von 5 Stimmen, also gerade so viele, wie der Stadtrat Mitglieder hat (!), auf der letzten grossen Freifläche, just vor die Klosteranlage mit der St. Ulrich Basilika, ein 100 Meter langes Stadthaus. Damit werden wesentliche, historisch überkommene Sichtachsen “demokratisch abgesichert verbaut”!

    Lassen wir den alten Konstanzer Kaufhausklotz Augustinerplatz/Hussenstraße mal weg - ist halt so! -, gibt es etwa mit dem Schaudt’schen roten Wessenberghaus durchaus ein ansprechendes Beispiel, wie in der Konstanzer Altstadt heute noch neu gebaut werden kann. Es gibt noch weitere annehmbare Beispiele. Wobei das Bauen zwischen bestehenden Gebäuden etwas einfacher erscheint, als die Gestaltung eines Solitärsbaus, wie bei “Zoffingen”. Da gelten andere Maßstäbe und Kriterien. So gesehen wäre eine internationale Ausschreibung für ein Projekt sinnvoll. Allerdings muss das Bauvolumen schon eine markante Gewichtigkeit besitzen, um ausgewöhnliche Architekten zu begeistern. Und dann ist da noch die Sache mit dem Denkmal- und Ensembleschutz. Solche Entscheide beigezogener, oft auch auswärtiger Gremien sind letztlich auch nicht mehr als eine “Meinungen”, zwar “studiert-fundiert”, aber eben auch ein Stück beeinflussbar. Davon zeugt mancherorts Realisiertes. Zu erkennem sind solche “denkmalschützende Fehldiagnosen” leider erst nach der Realisierung von Objekten. So gesehen braucht es bei der Stadtplanung - neben einem gesunden bürgerlichen Selbstverständnis zu einer Sache - einfach auch eine Portion “Glück”! Dies ist der Niederburg zu wüschen - ob gebaut wird, oder nicht.

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