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28. Dezember 2017 | An Marktstätte und Bahnhofplatz bald grosse Leere?

Sparkasse Konstanz degeneriert zur blossen Schalterhalle

Konstanz (gro) Das einst stolzeste Konstanzer Bankhaus leidet an anhaltender Schwindsucht. Bis Juni 2018 sollen die letzten Büroräume im Prachtbau am Bahnhofplatz und an der Marktstätte geräumt sein. Die Sparkasse Konstanz besteht dann nur noch aus einer Schalterhalle. Wer darüber in die Räumlichkeiten der ehemals Kaiserlichen Oberpoststdirektion einzieht, wird immer noch als geheime Kommandosache behandelt. Eine allseits überzeugende Lösung ist anscheinend nicht in Sicht. Sonst wäre das Führungsteam des Bankinstituts damit, wie Insider sagen, längst an die Öffentlichkeit gegangen. Dem Konstanzer Gemeinderat ist die Entwicklung, so sieht es jedenfalls aus, anscheinend ziemlich egal.

Die Wirtschaft brummt, die Sparkasse baut ab

Vor 16 Jahren hatten sich die Stadtsparkasse Konstanz und die Kreissparkasse Friedrichshafen zusammen getan zur Sparkasse Bodensee. Treibende Kräfte waren der damalige Konstanzer Oberbürgermeister Horst Frank (Grüne) und der frühere Friedrichshafener Landrat Siegfried Tann (CDU). Diese frühe, seeübergreifende schwarz-grüne Koalition fand breite Zustimmung in den kommunalen Gremien. Heute herrscht da, vor allem auf der badischen Seeseite, eher Katzenjammer. Denn während allenthalben die Wirtschaft brummt, baut die Sparkasse Bodensee ab, hauptsächlich in Konstanz.

Ist der Fusionsvertrag nur Makulatur?

Im Fusionsvertrag zwischen den beiden Bankhäusern ist seinerzeit, vor über eineinhalb Jahrzehnten, eine Menge geregelt worden. Doch vor allem die Häfler Banker hielten sich von Anfang an kaum daran. So ist in dem Vertrag zum Beispiel fest gehalten, dass der Vorstand der Doppelbank im Wechsel in Friedrichshafen und Konstanz zu tagen hat. Tatsächlich tagt und entscheidet der Vorstand seit vielen Jahren fast ausschliesslich in Friedrichshafen. Vereinbart ist ferner, dass der jeweilige Vorstandsvorsitzende an beiden Standorten der Bank, also in Konstanz und in Friedrichshafen, Wohnsitz zu nehmen habe. Hermann Kley, der erste Doppelchef, hat diese Forderung erfüllt. Sein Nachfolger Werner Allgöwer dagegen behielt seinen Hauptwohnsitz in Lindau und mietete sich mit einem kleinen Appartement in der Seniorenresidenz Terzianum ein, wo er aber selten übernachtete (und schon gar nicht wohnte). Lothar Mayer, der im Mai des vergangenen Jahres auf Allgöwer folgte, ist in Konstanz, wie man hört, gar nicht gemeldet.

Zuständig ist das Finanzamt Friedrichshafen

Typisch für die Nordlastigkeit der 2001 gegründeten Doppelsparkasse ist auch, dass wichtigste Behördenpost stets mit der Charlottenstrasse 2 in Friedrichshafen adressiert ist Das zuständige Finanzamt der Sparkasse Bodensee ist, um ein weiteres Beispiel anzuführen, das Finanzamt Friedrichshafen. Das komplette Backoffice, auch die Buchhaltung der Sparkasse Konstanz, wird in den nächsten Monaten nach Friedrichshafen ausgelagert sein. Und das alles bleibt dort, bis eine neue, gemeinsame Zentrale – natürlich nördlich des Bodensees – bezugsfertig ist. Wann das sein wird, ist nicht bekannt. Man kennt ja noch nicht einmal den Standort dieser Zentrale. Mal heisst es, sie entstehe in Markdorf, mal wird ein Bauplatz bei Immenstad in die Diskussion gebracht.

Wieviel Information hat der Gemeinderat?

Sparkassen sind öffentlich-rechtliche Einrichtungen, in der Trägerschaft ihrer dazu gehörenden Kommunen. Im Verwaltungsrat dieser Geldinstitute sind deshalb stets Mitglieder der entsprechenden kommunalen Gremien vertreten, im Falle der Sparkasse Konstanz mehrere Gemeinderatsmitglieder und der Oberbürgermeister. Damit soll die gebotene Kontrolle gewährleistet sein. Angesichts der neueren Entwicklung ist es kein Wunder, dass sich zumindest einige Mitglieder des Konstanzer Stadtparlaments dafür zu interessieren beginnen, wie der Fusionsvertrag im Detail aussieht und inwieweit sich die Manager der Doppelsparkasse daran halten.

Bild: Frieder Schindele




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3 Kommentare

  1. 1. Thomas Martens

    In der Tat eine üble Entwicklung, vor allem, wenn man bedenkt, welch Aderlass an bedeutenen Einrichtunegn KN in den vergangen Jahren bereits - ohne viel Gegenwehr - hat hinnehmen müssen. Sollte der Fusionssvertrag nicht Makulatur sein, ist es ein wenig spät, dass sich die gewählten Bürgervertreter erst jetzt für die gültigen Bestimmungen zu interessieren beginnen. Klar ist KN letztes Zipfele in Deutschland, das heißt aber nicht, dass es seine Zentrumsfunktion aufgeben kann.

  2. 2. Bruno Neidhart

    Es scheint, dass die Sparkasse Konstanz den damaligen Zusammenschluss mit der Kreissparkasse Friedrichshafen in seiner Auswirkung nicht ganz durchschaut hat. Das mit dem doppelten Wohnsitz des Sparkasse Bodensee Vorstandsvorsitzenden ist an sich schon eine Groteske. Als Sparkassenkunde war rasch ersichtlich, dass die Steuerung des Geschäfts mehrheitlich über Friedrichshafen läuft. Das ist in unserer digitalen Zeit zwar nicht entscheidend, doch eben schon ein ziemliches Desaster für Konstanzer Befindlichkeiten z.B. als (Uni-) Stadt mit einer “Zentrumsfunktion” (Thomas Martens).
    Die Frage stellt sich, ob eine Rückentwicklung dieser getätigten Fusion heute überhaupt noch möglich ist, oder die Dinge so beschaffen sind, wie sie sind in der heutigen Bankenwelt. Andererseits meine ich, dass nach wie vor erfolgreiche kleinere Sparkasseneinheiten existieren (können), wie etwa die Bezirkssparkasse Reichenau, u.a. Ob Konstanz im Sparkassenbereich noch eine gewichtige, gar stadtprägende Funktion hat, ist letztlich vielleicht eher eine gefühlte Imagefrage. Ansonsten gibt es noch andere Bankinstitute in der Stadt - sowie kurz über der Grenze!

    Was bei dieser Entwicklung mit dem stolzen Bau der Kaiserlichen Oberpostdirektion zu geschehen hat, ist eine spannende Frage. Die zur “blossen Schalterhalle degenerierte Sparkasse Konstanz” (gro) wäre letztlich auch an einem anderen Ort innerhalb von Konstanz unterzubringen! Somit könnten sich an der Marktsttäte, also inmitten der Stadt, erstaunliche Perspektiven auftun: Es wäre beispielweise zu prüfen, ob hier nicht ein Kulturort entstehen könnte, der u.a. einen Konzertsaal mittlerer Größe (1000 Plätze) enthielte, um so der hiesigen Südwestdeutschen Philharmonie (Orchester seit 1932!), ganz in der Nähe ihres administrativen und Probe-Standorts Altes Rathaus endlich einen zeitgemässen Musiksaal zu bieten. Utopie? Manche mögen es so empfinden. Eine Utopie ist tatsächlich erst dann Realität (geworden), wenn sie sachbezogen einen Zeitgedanken ernsthaft geprüft und für realisierbar gehalten und stringent das Ziel angesteuert hat.

    Ob letztlich die beschriebene Sparkassenfusion zumindest aus Konstanzer Sicht einer solchen “Utopie” unterlegen ist - aus was für Gründen auch immer -, oder sich eine Sinnhaftigkeit absolut ergab - dann bei aller Konsequenz! -, haben andere zu bewerten.

  3. 3. Winfried Kropp | http://www.spd-konstanz.de

    Die Fusion der beiden Sparkassen verkündete Horst Frank Anfang der 00er Jahre in einer nicht-öffentlichen Gemeinderatssitzung. Zu entscheiden hatten die Räte aber nichts. Obwohl die Kommunen Gewährsträger der Sparkassen sind, haben die Gemeinderäte keinerlei Mitbestimmungsrechte. Bei überregionalen Sparkassen sitzen auch meistens nur noch Bürgermeister als Vertreter der Kommunen in den Verwaltungsräten. Daher gibt es auch das böse Wort, die Sparkassen regieren sich selbst.

    Letztlich war die Fusion eine politische Fehlentscheidung zu Lasten des Standort Konstanz, und zwar eine mit Ansage.

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