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21. Januar 2019 | Nach Fällung der Kastanien am Zoffingen

Niederburg: Stilles Gedenken und ein zorniger Brief

Konstanz (gro) Sie kamen im Dunkeln, noch vor Anbruch der Morgendämmerung: die Männer und ihre Maschinen, um die vier Kastanienbäume im Hof des ehemaligen Klosters Zoffingen umzulegen. Es war die erste Baumassnahme für das umstrittene Grossprojekt eines Pflegeheims der Caritas. Während die Stadtverwaltung sonst jede einzelne „Baumentfernung“ im Stadtgebiet vorab öffentlich bekannt gibt, kam das Fällkommando, dem vier grosse Kastanien zum Opfer fallen sollten, unangemeldet. Man fürchtete offensichtlich Widerstandsaktionen von Konstanzer Baumfreunden und Niederbürglern. Der Widerstand hat sich inzwischen in einem zornigen offenen Brief zu Wort gemeldet.

„Wir sind einfach fassungslos“

Die Bauherrschaft, die Caritas und ihr Direktor Andreas Hoffmann, sie haben rechtlich sehr wahrscheinlich absolut korrekt gehandelt, als sie die Fällaktion in Abstimmung mit der Stadtverwaltung in Auftrag gaben, obwohl die Baufreigabe (Roter Punkt) noch gar nicht erteilt ist. Möglicherweise wollte man mit dem frühen Baumbeseitigungstermin auch allfälligen Bestimmungen der Konstanzer Baumsatzung aus dem Weg gehen, die Fällungen verbietet oder mindestens erschwert, wenn sich Vögel oder anderes Getier bei wieder steigenden Temperaturen auf den Bäumen frühlingsahnend tummelt. Sei’s drum: Baumfreunde und Nachbarn fühlen sich übertölpelt. Bei einer Trauerfeier am Abend der Fällaktion gab es Tränen, und mehrfach hörte man die Bekundung, man sei „einfach fassungslos“, was inzwischen auch in einem offenen Brief festgehalten ist. Die Empörung hat ihre Gründe.

Eine typische Nacht- und Nebelaktion

Bei aller rechtlichen Korrektheit, so sie denn zutrifft, hat die Fällaktion in der Herrgottsfrühe eines trüben Januartages den Charakter (und den Symbolgehalt) einer typischen Nacht- und Nebelaktion. Dabei hilft es wenig, die Angelegenheit, wie das zu erwarten ist, unter anderem mit Sicherheitsbedenken zu begründen. Die Stimmung in der Niederburg ist seit dem Wochenende mehr denn je gekennzeichnet von Verdrossenheit gegenüber der Stadtverwaltung, die lange hinter verschlossenen Türen mit der Bauherrschaft verhandelt habe, mit Enttäuschung gegenüber dem Gemeinderat, der sich mit grosser Mehrheit gegen die Aufstellung eines Bebauungsplans stellte (obwohl es sich um ein extrem sensibles Areal der Altstadt handelt), enttäuscht gegenüber der Katholischen Kirche, die sich dem gebotenen Dialog verweigerte und nicht zuletzt frustriert gegenüber der Caritas, die mit teilweise unglaubwürdigen Argumenten jede substanzielle Modifizierung des geplanten Projekts weit von sich gewiesen habe.




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3 Kommentare

  1. 1. Christel Thorbecke | http://www.konstanzerblog.de

    Danke für das eindrucksvolle Foto!
    Wer da hinschaut, kann gleich sehen, dass das geplante Projekt überhaupt nicht auf diesen alten Schulhof der verlassenen Mädchenschule passt! Da ist etwas falsch gelaufen! Ein ehrgeiziges Projekt, eine soziale Tat, ein guter Wille am falschen Ort! Viel zu groß, völlig unpassende Architektur, auch für die zukünftigen Bewohner kein Ersatz für das schöne Marienhaus! Die Argumente der Gegner sind sachlich und vielfältig, fanden jedoch keine Möglichkeit der Anhörung. Die viel zu früh im Schnellgang abgesägten schönen alten Kastanien, die zu dem Hof gehören, schaffen Empörung und Wut. Das Desinteresse der Katholischen Kirche an den Planungen ihres Konstanzer Caritas-Verbandes ist deprimierend. Innerstädtisch scheinen die Verantwortlichen die Augen zu verschließen - wohl weil dieses Projekt ein wohltätiges ist, wofür der Name Caritas bürgt, alles andere zählt nicht mehr.
    Man kann die Beschlüsse des Gestaltungsbeirates überhaupt nicht nachvollziehen. Er tagte wohl zu recht nicht öffentlich. Aber auch dem Gemeinderat ist offenbar vor Ehrfurcht vor der wohltätigen Caritas das Selbstverständliche verloren gegangen: Es ist doch gar keine Frage, dass dieser sehr wertvolle Stadtteil Niederburg in dieser sensiblen Ecke einen Bebauungsplan braucht, nach dem sich alle richten müssen, die dort etwas abreißen und neu bauen wollen.
    Der Antrag auf einen Bebauungsplan wurde von den Freien Grünen Gottseidank noch fünf Minuten vor zwölf gestellt und von allen anderen Fraktionen abgelehnt! In der Niederburg darf man tatsächlich bauen wie man will und vorhandene Grünflächen und kleinste Refugien für immer zerstören.
    Gibt es keinen Weg zurück?
    Gibt es keinen Vorstand in der Caritas oder Autoritäten in der katholischen Kirche, die diesen Unsinn selber erkennen und in letzter Minute stoppen, wenn schon die demokratischen Gremien in diesem Punkt offenbar die Augen verschließen?

  2. 2. Bruno Neidhart

    “…sie haben rechtlich sehr wahrscheinlich absolut korrekt gehandelt,…..” (gro). Mit dieser Feststellung wird umschrieben, dass manchmal auch ein demokratisches Verfahren in all seinen Auswirkungen noch viel breiter hinterfragt werden sollte, wenn das Ergebnis so sehr auf ein Stadtgebiet einwirken könnte, so dass nun viele Anwohner (und wohl darüber hinaus) “einfach fassungslos” und “empört” sind, wie gemeldet wird. Wobei es um “Baumfreunde” (wer ist das nicht), als auch um “echte Anwohner” geht, und - übergeordnet - auch um das Altstadtbild in dieser verborgenen Stadtecke.

    Irgend etwas scheint hier schief gelaufen zu sein. Grundsätzlich hätte man sich schon vorstellen können, dass ein geschickter Architekt - mindestens nach einer “substanziellen Modifizierung durch die Caritas” (gro) - eine befriedigendere Planung hätte vorlegen können. Wobei ein mögliches Nicht-Schicksal von vier Kastanien, sowie die “absolute Größe für eine solche Anlage” (Caritas) Punkte waren, die sich bereits grundsätzlich eher nicht als kompatibel zeigten. Ganz abgesehen davon, ob eine solche Einrichung in einer engen Altstadt überhaupt Sinn machen kann.

    Das volle Ausnützen von urbanem Stadtraum kann gelingen (Wessenberg), aber nicht in jedem Fall. Muss zuerst noch eine ganze Baumgruppe gefällt werden, wird es zusätzlich eng mit einer allgemeinen Akzeptanz besonders dort, wo nicht viel Grün (mit all seinen ökologischen und urbanästhetischen Vorteilen) vorhanden ist.

    Mit einer morgentlichen Fällaktion hat nun der Beginn der Baumaßnahme mit einem Paukenschlag begonnen. Wird er lange nachhallen? Oder kann hier doch noch befriedet werden?

  3. 3. Angelika Bernecker

    4 Senioren mehr gegenüber 4 gefallenen Kastanien. Diese ganze Show der Caritas und deren Unterstützern ist absurc - und es zeigt sich wieder einmal die seltsame Rolle des Denkmalschutzamtes in Konstanz. wie kann man zulassen, dass das älteste, das wertvollste Viertel unserer Stadt, verbaut und versaut wird durch einen der in Konstanz leider üblich gewordenen kalten und hässlichen Anbau, einer rein wirtschaftlich fundierten eiskalten Planung, die durch ihre Folgen eine nicht vorstellbare Unruhe u,a. durch Anlieferungen, in unsere Niederburg bringen wird.
    Ein Senioren/Altersheim, welches zudem direkt an der Autobahn von Konstanz, über die Laube zum Rheinsteig und zurück ,siehe C-Konzept, liegt, ist typischer Konstanzer Schwachsinn. Davon abgesehen: viele dieser Menschen sind dement u./ oder bettlägerig, nix isches mit den netten Spaziergängen in der Altstadt und das Gschwätz von “offenen” Gartenanlagen etc. mag glauben wer will. Man darf gespannt sein, wieviele von den “kleinen Leuten” in Konstanz, die Uli B. laufend platitüdenhaft erwähnt, dort einmal ihre letzten Jahre verbringen werden. Es hätte andere Lösungen gegeben, ganz sicher, diese jedoch wurden von vorneherein ausgeschlossen. Wieder einmal ein Zeichen der Offenheit, Transparenz und der vielzitierten Bürgernähe, die uns verstärkt seit 2012 von der SV sowie der Ratsmehrheit vorgegaukelt wird. Auf die Mehrheit des Gemeinderats pfeife ich. Unser Konstanz wird Stück für Stück verscherbelt und wir tun - NICHTS?

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